Auf welche neuen Digital Marketing Strategien setzen Sie in Ihrer Beratungstätigkeit den Fokus und warum genau diese?
Lukas Hetzendorfer: Der unterschätzteste Marketingkanal ist sicher das Produkt selber. Das heißt, wie gut das Produkt riecht, wie gut die customer experience ist, wie gut die Website ist und wie gut der Webshop ist. Und alles was sonst noch dazu gehört: Bestandskundenkommunikation, eine super CRM, Salesforce, Hubspot usw. Die Verführung ist sehr groß, dass Unternehmen stark auf die Methoden weiter oben im Funnel setzen. Wenn ich nur einen TV-Spot mache hören die Leute zwar vom Produkt, aber wenn ich eine super Website habe, dann kommuniziere ich schon mit denen, die das Geldbörserl offen haben. In Wahrheit, wenn man etwas optimieren will ist der erste Hebel der schwierigste und der wichtigste – was kann ich am Produkt und an der jetzigen Customer Journey ändern?
Was sind Ihre Visionen für die Zukunft sind und was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie an Digital Marketing Trends denken für 2025?
Hetzendorfer: Ich sehe drei Sachen ganz stark. Zum einen das Thema „First Party“, dass eine KundIn selber die Daten hat und alles damit machen kann. Ich glaube, dass im Bereich Digital Marketing jetzt extrem viel Regulierung kommen wird, was Facebook, Google und Amazon betrifft. Wenn man sagt, die Hälfte von den globalen Werbespendings sind digital, davon gehen 80 Prozent an Google, Facebook, Amazon, da verdichten sich die Zeichen der Zeit sehr stark, dass die Unternehmen reguliert werden, dass sie zuschlagen werden, dass die Monopole aufgebrochen werden. Ich glaub, da wird sehr viel passieren, in dem Bereich. Das zweite ist Social Media Regulierung, das ist so überdominant und das dritte glaube ich tatsächlich Datenschutz, da Europa 2017 mit der GDPR begonnen hat und mittlerweile gibt es viele Länder auf der Welt, die nachziehen, dort in dem Bereich wird viel passieren. Die Strafen aus dem Bereich GDPR Verstöße waren im dritten Quartal so hoch, wie glaube ich alle Quartale davor zusammen. Das heißt da wird sehr viel passieren und ich prophezeie sogar, dass das Online Marketing, wie wir es kennen in etwa zwei Jahren Geschichte sein wird, weil es technisch nicht mehr funktioniert, wegen den Third Party Cookies und weil es auch datenschutzrechtlich nicht mehr funktioniert.
Ihre Vision liegt bei First Party Data, wie würden Sie daher den Unternehmen raten, diesen Weg einzuschlagen, um die Daten zu erlangen?
Hetzendorfer: Naja, am wichtigsten ist sich die Frage zu stellen, welches Business Problem ich habe. Habe ich das Business Problem „NeukundInnen“? Habe ich das Business Problem „Produkt schlecht“? Habe ich das Business Problem „Disruption“? Habe ich das Business Problem „Ich krieg keine guten MitarbeiterInnen mehr“? Das ist überhaupt das aller wichtigste. Weil sonst zäumt man das Pferd von hinten auf und denkt sich – Ich brauch eine neue Digital Marketing Agentur. Ich brauch First Party Daten. Ich brauch XY – aber die Sachen braucht man ja nur, wenn es ein Problem dahinter gibt und ich denke, dass über dieses Problem viel zu wenig nachgedacht wird.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten von der DMEXCO. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Pia Lehner und Anna Isabella Kowatsch geführt.