Gastkommentar: Mein Chef hat mich in die Wüste geschickt (Teil 1)

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Konrad Mayr-Pernek
Nein, nicht was Sie denken (ich glaube, er ist ganz zufrieden mit mir). Sondern real. Vor einiger Zeit kam er mit der Idee, eine große Digitalkonferenz in Saudi Arabien zu besuchen. In drei Teilen spricht Konrad Mayr-Pernek (Purpur Media) über das Erlebte.

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Mal schauen, was da so los ist und ob es möglicherweise Anknüpfungspunkte gibt. LEAP heißt das Event wohl. Gesucht, gefunden, angeschaut – skeptisch gewesen. Am Ende lief es auf „er oder ich“ hinaus – also ich.

Ticket gebucht, Flug gebucht, Hotel gebucht, Visum gecheckt – alles easy peasy. Das Hotel lag sogar in Gehweite zum Riyadh Convention Center – alles fein. Ein paar Wochen später stellte sich jedoch heraus: Es gibt jetzt auch das Riyadh Convention Center Malhan – nicht einmal auf Google Maps zu finden. Und das liegt, man ahnt es, rund 70 Kilometer außerhalb von Riad, mitten in der Wüste. Egal – der Shuttledienst war im Preis inbegriffen.

Von zwei zentralen Punkten in der Stadt fuhren Shuttlebusse alle 15 Minuten in Richtung Convention Center. Und hier zeigte sich erstmals die Dimension dieser Konferenz: Etwa 150 Shuttlebusse waren im Einsatz, alle durchgebrandet, jeder Sitzplatz mit Lademöglichkeiten fürs Smartphone ausgestattet. Die gesamte Transferzeit Hotel–Convention Center lag dann im Schnitt bei knapp zwei Stunden. Aber was soll’s.

Ankommen, Badge abholen – und ab ins Vergnügen. Ein paar Eckdaten: Rund 50.000 TeilnehmerInnen – täglich, sechs Hallen, 770 Aussteller, 11 Bühnen, 110 Speaker, Main Stage, Tech Stage, Investor Stage und fünf sogenannte Orbital Stages (z. B. zu den Themen Sport, Gaming, …).

Mein erster und zweiter vorgemerkter Vortrag fanden in unterschiedlichen Hallen statt. Mit 20 Minuten Puffer sollte das reichen. Falsch gedacht. Gleich mal 15 Minuten Verspätung aufgerissen. So voll war es – und dann blieb auch noch alles stehen, sobald ein hochrangiges Regierungsmitglied vorbeikam. Das war keine Ausnahme, sondern die Regel. Nach ein paar Orientierungslosigkeiten hatte ich den Dreh dann aber raus. Alle Hallen besucht, die wichtigsten Vorträge gehört. Nicht zuletzt dank einer speziellen Konferenz-Map-App – mit Live-Standort, Wegführung und geschätzter Laufzeit. Irre praktisch. Und doch bleibt man angesichts der schieren Größe erstmal erschlagen zurück und muss am Abend alles noch einmal Revue passieren lassen.

Die Details und meine eigenen inhaltlichen Schwerpunkte stelle ich mal hintenan. Viel interessanter ist, was als großes Ganzes bleibt: Die meinen es ernst. Hier geht es all-in, ohne Wenn und Aber. Quer über alle Branchen, alle staatlichen Aufgaben und das gesamte Spektrum der Digitalisierung: Robotics, Data, KI, Cybersecurity, Blockchain. Auffällig: Quantencomputing und Coins waren kaum Thema.

KI überall

Egal, wohin man schaut: Healthcare, Verkehrsmanagement, Überwachung, eLearning, Energiewirtschaft, Militär, Polizei. Und NVIDIA? Gefühlt auf jedem zehnten großen Stand als Co-Presenter dabei.

Nicht nur gefühlt, sondern physisch greifbar hat KI das Kommando übernommen. Alles, was noch mit Hardware oder klassischer Software zu tun hat, wurde in die zweite Reihe verdrängt. DELL, NOKIA (ja, die gibt’s noch – im Bereich Telekommunikationsnetzwerke) & Co.? Nur noch Enabler, aber nicht mehr „hip“.

Dafür haben sich die lokalen Telekomgiganten wie STC oder ZAIN einen völlig neuen Platz am digitalen Buffet gesichert. Weit über die Rolle eines klassischen Netzbetreibers hinaus. Cloud, Robotics, Digital Solutions, Infrastruktur, Data & AI, Software – keine Rede mehr von Tarifen in Minuten, Stück oder GB.

Und dann der Staat. Nicht nur als Rahmengeber, sondern als aktiver Treiber. ELGA? Kinderfasching. Gesichtserkennung? Direkt am Helm des Polizisten. Und nicht als Zukunftsvision – sondern bereits live in der Stadt im Einsatz gesehen. Natürlich ist nicht alles kritiklos hinzunehmen, aber im Vergleich dazu wirkt DIGITAL AUSTRIA wie eine Stempelmarke.

Für meinen aktuellen Job? Eher wenig Mehrwert.

Natürlich waren die großen Namen wie Google, Adobe & Co. vor Ort. Auch zum Thema Gaming gab es ein wenig Input. Aber dafür hat sich die Reise nicht wirklich gelohnt. Zudem machte die starke Ausrichtung auf den arabischen Markt das Networking schwieriger. Selbst mit akribischer Vorbereitung war es teils herausfordernd, die passenden Aussteller zu finden. Trotz verbreiteter Englischkenntnisse war die Kommunikation nicht immer einfach. Als Europäer war man auf der Konferenz definitiv ein Exot. Nach zwei Tagen blieb vor allem eines hängen:
Das hier ist ein Plan. Und genau nach diesem Plan habe ich gesucht – und ihn gefunden. Aber dazu mehr in Teil 2.

Konrad Mayr-Pernek ist seit 2022 Verantwortlicher für das Business Development bei der Wiener Vermarktungsagentur Purpur Media. In einem dreiteiligen Gastkommentar berichtet er von seinen Erfahrungen auf der LEAP, der größten Tech-Messe Saudi Arabiens.

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