Im immer dichter werdenden Dschungel an verfügbaren Produkten, Anbietern und Dienstleistern kann es schwerfallen, sich zu entscheiden. Während man früher auf den Erfahrungsaustausch im Freundes- und Bekanntenkreis angewiesen war, wird heute immer häufiger das digitale Pendant zur Mund-zu-Mund-Propaganda zu Rate gezogen – Online-Rezensionen.
Online Rezensionen im Spannungsfeld von Relevanz und Vertrauensverlust durch Fakes
Fast 6 von 10 Befragten der Marketagent-Erhebung geben folglich auch an, dass Online-Rezensionen für sie sehr oder eher wichtig sind. Ein tiefergehender Blick in die Altersstruktur zeigt hier einen klaren Generationen-Trend: Für die Digital Natives der Generation Z (79 Prozent) und Millennials (70 Prozent) ist die Nutzung von Online-Bewertungen eine viel größere Selbstverständlichkeit als für die Generation X (51 Prozent) bzw. die Babyboomer (37 Prozent).
Die Relevanz von Bewertungen unterscheidet sich aber auch stark zwischen verschiedenen Produktkategorien: beim Urlaub und der Technik wollen mehr als 60 Prozent der KonsumentInnen nichts dem Zufall überlassen und lesen fleißig Erfahrungsberichte. Auch das Gastgewerbe sollte sich des Einflusses von Online-Rezensionen bewusst sein, schließlich sind diese für 59 Prozent der Befragten im Bereich Gastronomie sehr oder eher wichtig.
„Auch wenn Online-Rezensionen eine hohe Relevanz für die Österreicherinnen und Österreicher haben, sie stehen Sternchen, Kommentaren und Co. keinesfalls unreflektiert gegenüber. Nur ein knappes Drittel der Befragten gibt an, solchen Bewertungen sehr oder eher zu vertrauen. Im Vergleich dazu zeigt mehr als die Hälfte eine eher ambivalente Auffassung und traut ihnen nur teilweise“ erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent. Erneut sind es wieder die älteren Generationen, die in Sachen Vertrauen eher zurückhaltend reagieren. Für eine klare Mehrheit von 61 Prozent können Online-Rezensionen auch nicht mit Empfehlungen von Freunden, Verwandten und Bekannten mithalten.
Dass das Vertrauen in Online-Rezensionen eingeschränkt ist, wundert angesichts der immer stärkeren Verbreitung von Fake-Bewertungen wenig. 55 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen schon einmal gefälschte Rezensionen aufgefallen sind, bei 38 Prozent war dies sogar schon mehrfach der Fall. Der Anteil an Fake-Bewertungen wird mit 37 Prozent auch relativ hoch eingeschätzt. Während sich in der GenZ fast 4 von 10 zutrauen eine gefälschte Rezension zu identifizieren, schrumpft diese Zuversicht bei den Babyboomern auf 11 Prozent, was auch das generell geringere Vertrauen dieser Generation in Online-Bewertungen erklärt.
Beim Erkennen von Fake-Rezensionen stützen sich die heimischen Befragten hauptsächlich auf textliche Hinweise. Jeweils mehr als die Hälfte kommt ins Zweifeln, wenn ein Erfahrungsbericht zu sehr nach Werbetext klingt, übertrieben positiv ist oder sich der gleiche Wortlaut in mehreren Bewertungen wiederfindet.
Wie viele Sternchen hätten’s denn gern?
Online-Rezensionen wird also eine hohe Relevanz zugeschrieben, aufgrund von möglichen Fakes werden sie aber durchaus reflektiert hinsichtlich Art und Inhalt hinterfragt. Auch das Verhalten der Unternehmen, also inwieweit diese auf Lob oder Kritik reagieren, ist für 55 Prozent der Befragten beim Schmökern in Online-Feedback durchaus maßgeblich. Hinsichtlich der Tonalität der Bewertungen verfolgen die heimischen KonsumentInnen einen ganzheitlichen Blick. Fast zwei Drittel lesen in etwa gleich viele positive wie negative Bewertungen. Wie stark sich letztere auf die Kaufentscheidung auswirken können, ist nicht außer Acht zu lassen: Die klare Mehrheit der Befragten – konkret 86 Prozent – berichtet, aufgrund einer schlechten Bewertung schon einmal von einem Kauf, einer Buchung etc. Abstand genommen zu haben.
„Diese Ergebnisse machen deutlich, dass man sich aus Unternehmenssicht nicht auf positiven Bewertungen ausruhen darf, sondern immer das Gesamtbild im Blick behalten sollte. Die Wichtigkeit von bewusster Reaktion auf Lob und Kritik im Internet ist ebenfalls ein klarer Auftrag an die Unternehmen, hier eine aktive, redaktionelle Rolle einzunehmen“, analysiert Thomas Schwabl.
Für eine erste Einordnung – hopp oder drop – reicht für viele oftmals ein Blick auf die Sternebewertung. 52 Prozent der Befragten geben an, dass dieses komprimierte, fast spielerische Urteil für sie ausschlaggebend ist, wenn sie online recherchieren. Und wie viele Sternchen dürfen es sein? Mindestens 4 sollten es für die Österreicherinnen und Österreicher schon sein, damit sie ein Produkt bzw. Unternehmen in Betracht ziehen. Was die Zeitspanne der Bewertungen betrifft, zeigen die Österreicherinnen und Österreicher durchaus einen langen Atem. Für jeden Fünften ist eine Online-Rezension nie zu alt, um irrelevant zu werden. Die Mehrheit bevorzugt Einträge, die nicht älter als 6 Monate bis 1 Jahr sind.
Liest du noch, oder postest du schon?
Wenngleich für die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher Online-Rezensionen von hoher Wichtigkeit sind, beim Teilen der eigenen Erfahrung halten sie sich eher zurück: Ein Fünftel gibt an, nie Rezension zu verfassen (20 Prozent), ein weiteres Viertel postet seltener als einmal im Jahr (26 Prozent). Auch der Output innerhalb der Gruppe der PosterInnen ist relativ überschaubar. Im Mittel haben sie in den vergangenen zwölf Monaten nur zwei Online-Rezensionen verfasst.
Entgegen dem Klischee vom österreichischen Sudern geben die Befragten an, bevorzugt positive Erlebnisse zu teilen. Konkret liegt das Verhältnis bei 74 Prozent eher positiven zu 26 Prozent eher negativen Rezensionen. Passend dazu war der Hauptgrund für die letzte verfasste Online-Bewertung auch der Wunsch, die eigenen positiven Erfahrungen mit einem Produkt oder Unternehmen zu teilen. Rund ein Viertel der Poster*innen gibt an, vom Unternehmen/ Händler darum gebeten worden zu sein.
Bei so einem aktiven Aufruf zur Feedbackgabe heißt es für die Unternehmen aber Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen. Zwar war eine Aufforderung dieser Art für viele PosterInnen überhaupt erst der Grund für ihre Bewertung, alles in allem stehen die österreichischen Befragten solchen Ersuchen jedoch ambivalent gegenüber. Während 38 Prozent entsprechende Feedback-Aufrufe nach dem Kauf als professionell bewerten, empfinden sie 40 Prozent als aufdringlich.