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Marion Stelzer-Zöchbauer, Geschäftsführerin von COPE: „Unser Ansatz, alles aus einer Hand zu liefern, kommt gut an.“

Marion Stelzer-Zöchbauer, COPE: „Auf Made for Advertising-Seiten ist nicht nur der Inhalt wertlos.“

COPE-Geschäftsführerin Marion Stelzer-Zöchbauer zeigt im Interview mit Internet World Austria ihren Ärger über Made for Advertising-Seiten und kündigt Alternativen zu den 3rd Party Cookies an.

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Frau Stelzer-Zöchbauer, COPE ist sowohl eine Vermarktungs- als auch eine Content-Marketing-Agentur, entwickelte sich der Markt im vergangenen Jahr für beide Sparten ähnlich?

Marion Stelzer-Zöchbauer: Grundsätzlich ist es so, dass sich die beiden Bereiche nicht strikt trennen lassen, weil es in vielen Punkten Überschneidungen gibt und sie sich ergänzen. Mit unseren Native- und Content-Produkten konnten wir 2023 ein überdurchschnittliches Wachstum verzeichnen und sie erweisen sich als starkes Standbein, während wir auf der Media-Seite von Entwicklungen betroffen waren, die nicht bei uns lagen. Trotzdem konnten wir auch bei Media ein leichtes Plus erzielen. Media steht generell unter einem großen Druck, die Budgets fließen leider nach wie vor zu den großen internationalen Marktbegleitern ab – man braucht sich nur diverse Spending-Studien sowie auch die Höhe der Digital-Steuer ansehen.

Gibt es in den einzelnen Media-Kategorien so etwas wie Sorgenkinder?

Zöchbauer-Stelzer: Nein, nicht wirklich, obwohl wir bei den Programmatic-Umsätzen vermutlich etwas hinter unseren Mitbewerbern liegen dürften, denn wir fahren dabei bewusst eine sehr strenge Strategie. Egal für welchen Werbeplatz oder wann wir ihn wie öffnen, es gelten immer dieselben Konditionen. Ein Ausverkauf des Inventars findet bei uns nicht statt und es gibt auch kein Open-Auction-Inventar, das wir KundInnen zu Schleuderpreisen zur Verfügung stellen. Mit unserem Qualitätsinventar und breitem Zielgruppen- und auch Produkt-Angebot im COPE-Portfolio gehören wir zu jenen in Österreich, die den TKP seit Jahren hochhalten.

Sehen Sie im TKP-Verfall so etwas wie das Grundübel der Branche?

Stelzer-Zöchbauer: Wenn große (internationale) Konzerne heute über internationale (Agentur-)Netzwerke betreut werden, ist für AuftraggeberInnen in vielen Fällen nicht nachvollziehbar, wo Kampagnen tatsächlich ausgespielt werden. So landen Kampagnen dann z.B. auf nicht-österreichischen Portalen, oftmals non-brand-safe. Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau. Dabei sehen wir viele Kampagnen großer Marken auf sogenannten MFA-Seiten (Made for Advertising-Angeboten), die zwar extrem billig sind, aber kein attraktives Content-Angebot sowie Umfeld bieten. Wir wissen auch, dass KundInnen auf diesen Seiten gar nicht werben bzw. gar nicht vertreten sein möchten. Hier fordern wir im Einklang mit der Interessensvertretung der österreichischen Digitalvermarkter und Publisher, dem Online-Vermarkterkreis Austria OVK, mehr Verantwortungsbewusstsein und Kontrolle durch die AuftraggeberInnen und Transparenz in der Kampagnenabwicklung.

Als User wundert man sich ja wirklich, was einem alles an Werbung ausgespielt wird.

Stelzer-Zöchbauer: Schlechte Content-Angebote, besonders solche, die von Click-Baiting leben, haben auch bei UserInnen ein schlechtes Image. Auf MFA ist nicht nur der Inhalt wertlos, wir beobachten auch, dass Kampagnen zig-fach unter- und/oder nebeneinander auf einem Seitenaufruf sichtbar sind. Der günstig eingekaufte TKP kann damit mehr Schaden als Nutzen anrichten, beim Image, aber auch in der Werbeeffizienz. Gerade wenn Kampagnen mit Targeting gebucht werden, sollte doppelt hingesehen werden: Erreiche ich die Zielgruppe, aber wo genau?

Hält das Abfließen von österreichischen Werbegeldern zu internationalen Portalen und Netzwerken weiter an?

Stelzer-Zöchbauer: Die Verschiebung wird tendenziell größer, wenn für AuftraggeberInnen nicht mehr aus Österreich heraus gebucht wird, sondern über Agenturen mit internationalen Niederlassungen oder Programmatic-Hubs. Besonders dort wandern Spendings zu den GAMAs, nicht österreichischen Angeboten und den bereits erwähnten MFA. Dass Österreich und insbesondere die Medien aus Österreich aus der Kampagnenplanung fallen, liegt teilweise auch daran, dass in den internationalen Agenturen bzw. Unternehmen mit Sitz außerhalb von Österreich weder Marketingverantwortliche noch deren MediaplanerInnen Wissen über den digitalen Werbemarkt Österreichs haben, und quer über den DACH-Raum buchen.

Lässt sich beziffern, wie sehr sich das im vergangenen Jahr noch einmal verschoben hat?

Stelzer-Zöchbauer: Zu den ohnedies schon sehr hohen Prozentwerten, zu den mehr als 80 Prozent der österreichischen digitalen Werbebudgets, die bei diversen internationalen Medien-Großkonzernen landen, kam im Vergleich zum letzten Jahr sicherlich noch etwas dazu. Es lässt sich schwer einschätzen und beziffern, aber ich würde sagen, dass der Shift zum letzten Jahr noch einmal zehn bis 15 Prozent ausmacht.

Gab es im Werbejahr 2023 saisonale Ausreißer oder überraschende Entwicklungen bei einzelnen Branchen?

Stelzer-Zöchbauer: Positiv überrascht haben uns das hohe Buchungsaufkommen und die Auslastung des vierten Quartals, das im Gegensatz zu den Vorjahren bis Ende Dezember anhielt. 2023 waren auch deutlich mehr Verschiebungen von TV-Budgets in Richtung Digital-Video zu beobachten, insbesondere durch Zuwachs im Gaming-Sektor. Mit dem Ausbau unseres Video-Angebotes und besonders dem erfreulichen Zugewinn unseres Partners Sky Sport Austria haben wir uns gut im Videobereich aufgestellt. Besonders stark wuchsen die Pharma- und die Kosmetikbranche, auch Food und Handel verzeichneten bei uns stärkere Zuwächse. Ein bisschen Bauchweh hat uns hingegen die KFZ-Branche bereitet, wo Lieferschwierigkeiten, höhere Kosten und sinkende Nachfrage an E‑Autos dazu führten, dass Kampagnen verschoben oder weniger Kampagnen geplant wurden. Und zuletzt fielen die Spendings des öffentlichen Sektors, was uns nach den hohen Spendings der „Corona-Jahre“ aber auch nicht verwunderte.

Wie sehen Ihre Erwartungen für 2024 aus?

Stelzer-Zöchbauer: Heuer erwarten wir uns u.a. dank der Fußball-Europameisterschaft mit österreichischer Beteiligung und anderer Sporthighlights eine positive Entwicklung in unserem Sportumfeld, das derzeit das größte Sport-Angebot in Österreich darstellt. Video-Kampagnen bleiben auch 2024 ungebremst. Wir sehen bereits jetzt für 2024 eine hohe Nachfrage nach Native- und Sponsored-Content-Kooperationen, die durch das breite Agenturangebot von COPE mit Leistungen von Display-Gestaltung, Text‑, Bild- und Videoproduktion ergänzt werden. Unser Ansatz, alles aus einer Hand zu liefern, kommt auch 2024 gut an.

Auf welche Neuheiten dürfen sich COPE-KundInnen generell freuen?

Stelzer-Zöchbauer: Mit unserem Mobile Transparent Cover Ad oder unserem Mobile Pull Ad haben wir schon im vergangenen Jahr begonnen, weitere innovative Werbeformate mit Fokus auf mobile Ausspielung anzubieten. Wir sind damit auf große Resonanz bei den KundInnen gestoßen und sehen, dass der Markt ganz generell nach neuen, innovativen Ideen sucht. Dieses Angebot an inhouse entwickelten Produkten werden wir daher weiter ausbauen. Ganz neu und mit unserem 1. First Mover-Kunden bereits ausgerollt, haben wir mit dem Mega Ad wieder ein innovatives, großflächiges Format für Awareness-Kampagnen im Portfolio. Unser Ad Operations Team entwickelt innerhalb des Kreativhubs von COPE, dem sogenannten „Innovative Ad Club“ neue Formate, die in unserem Netzwerk skalierend ausgespielt werden können. Hier arbeiten wir auf Eigeninitiative, aber auch auf Auftrag, wenn Wünsche und Ideen von KundInnen realisiert werden sollen. Hilfreich ist, dass wir unseren eigenen Ad Server betreiben, damit können wir Innovationen und individuelle Lösungen einfacher umsetzen.

Wie wichtig ist Gaming für die Werbevermarktung für Sie?

Stelzer-Zöchbauer: Das Gaming-Umfeld ist für die junge Zielgruppe sehr wichtig und wir konnten in den vergangenen Jahren auch diverse Zuwächse im Portfolio präsentieren. Zudem haben wir ExpertInnen im Bereich eSports und Gaming aufgebaut, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Gemeinsam mit den KollegInnen der „Kleinen Zeitung“ haben wir im vergangenen Jahr beispielweise den Gaming Cup gestartet und die junge Gaming- und eSports-Szene in den Bundesländern Steiermark und Kärnten zum Mitmachen eingeladen.

Die Diskussion um die 3rd Party Cookies wurde vom Schlagwort „Cookieless Future“ abgelöst. Wie sieht Ihre Strategie zu diesen Themen aus?

Stelzer-Zöchbauer: So wie es aussieht, wird das endgültige Aus der 3rd Party Cookies mit Jahresende tatsächlich umgesetzt werden – außer Google ändert doch wieder den Zeitplan. Wir beschäftigen uns seit Jahren damit und arbeiten auch eng mit unseren Konzern-Marken zusammen. Wir können also bereits jetzt „cookieless“ Alternativen anbieten. Styria-intern läuft zudem ein großes Projekt und wir werden als Ergänzung zu den bestehenden Alternativen ein gemeinsames Produkt mit einer „Multilösung“ auf den Markt bringen. Multi deswegen, da es für die kommenden Marktanforderungen keine Einzellösung sein wird. Das ist jetzt einmal der Teaser, mehr kann und darf ich noch nicht verraten.

Dieses Interview ist Teil einer Artikelserie rund um die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024”, die von der Agentur MOMENTUM WIEN in Kooperation mit dem iab austria erstellt wird. Die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024” wurde erstmals beim JETZT SUMMIT (20. und 21. März 2024) in Wien angeteasert und erscheint voraussichtlich im April 2024.

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Chris Budgen

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Von Ed Catmull, Mitbegründer (zusammen mit Steve Jobs und John Lasseter) der Pixar Animation Studios, kommt ein scharfsinniges Buch über Kreativität in der Wirtschaft.