Sie haben bei Mediaplus viel erreicht und vor Kurzem die Position der General Managerin übernommen. Wie sieht Ihr neuer Arbeitsalltag aus?
Lena Artes: Der Alltag hat sich deutlich verändert. Früher habe ich mehr operative Aufgaben übernommen, jetzt berate ich mein Team und treffe strategische Entscheidungen. Ich bin jetzt häufig gefragt, Lösungswege zu finden. Da mein Team auf 20 Personen gewachsen ist, habe ich mehr mit individuellen Anliegen und Bedürfnissen zu tun – das ist spannend, aber auch herausfordernd.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach Gleichstellung in der Digitalbranche? Haben Sie als Frau Hürden erlebt?
Artes: Ich persönlich habe keine Hindernisse erlebt, was auch daran liegt, dass ich bei Mediaplus von Anfang an großen Rückhalt von vor allem meinen männlichen Vorgesetzten und viele Chancen zur Weiterentwicklung genossen habe. Dennoch ist die Gleichstellung in der Branche noch nicht erreicht. Generell sehe ich aber, dass die Branche noch Potenzial hat, Frauen in Führungspositionen besser zu fördern. Es gibt inzwischen Initiativen wie „Woman in Media Austria“, die Frauen dabei unterstützen, sich zu vernetzen und gemeinsam für mehr Gleichstellung zu sorgen. Auch bei Mediaplus ist Diversity, Equality & Inclusion (DE&I) ein wichtiges Thema, und wir arbeiten daran, noch mehr Bewusstsein für die Bedeutung einer ausgewogenen Führungsebene zu schaffen.
Ein großes Thema im Digital Marketing ist aktuell die Künstliche Intelligenz. Wie setzen Sie KI bei Mediaplus ein und welche Herausforderungen gehen einher damit?
Artes: Im Bereich der Künstlichen Intelligenz im Marketing stehen wir derzeit vor enormen Fortschritten, gleichzeitig sind wir aber noch am Anfang der Möglichkeiten. Bei Mediaplus setzen wir KI ein, um grundlegende Aufgaben effizienter zu erledigen, etwa durch die Verwendung von Prompts, die uns die wichtigsten Trends zusammenfassen. Ein besonders innovatives Projekt ist „NE.R.O AI“, das es uns ermöglicht, in einer cookielosen Zukunft relevante Zielgruppen durch kontextbezogene Ansprache zu erreichen. Diese KI lernt kontinuierlich aus Kampagnendaten und analysiert Inhalte, um deren Relevanz für unsere Kunden zu bewerten. Trotz dieser technologischen Fortschritte bleibt der menschliche Faktor unverzichtbar – vor allem bei der Interpretation von Daten und beim Treffen strategischer Entscheidungen. Transparente Kommunikation mit unseren Kunden über den Einsatz von KI, insbesondere in Bezug auf Datenschutz, ist für uns von großer Bedeutung. Um die Datenhoheit zu wahren, vermeiden wir es, Kundendaten in Tools wie ChatGPT einzugeben und empfehlen, eigene, sichere Lösungen zu entwickeln. Dies erfordert allerdings Engagement, Budget und Ressourcen.
Ein weiterer Trend, der immer relevanter wird, ist Retail Media. Welche Bedeutung sehen Sie darin?
Artes: Retail Media ist ein spannender Bereich, der gerade enorm an Bedeutung gewinnt. Es bietet die Möglichkeit, genau dort zu werben, wo Menschen bereits einkaufen. Wenn ein Kunde etwa Fruchtsirup herstellt und man direkt im Billa-Store werben kann, erreicht man die Zielgruppe genau im Kaufmoment. Besonders bei Abverkauf oder 1+1 Aktionen ist Retail Media spannend, da sie eine hohe Relevanz und direkte Nähe zum Kauf bieten. Wir sehen jetzt schon, dass sich Retail Media laufend weiterentwickelt und immer mehr eigene Positionen in Unternehmen dafür geschaffen werden.
Nachhaltigkeit ist ebenfalls ein bedeutendes Thema. Welche Projekte setzen Sie bei Mediaplus um?
Artes: Nachhaltigkeit liegt uns sehr am Herzen, und dafür steht auch unser Projekt „GreenGRP“. Damit können Kunden ihre Werbekampagnen ohne großen finanziellen Aufwand CO₂-kompensieren. Zudem achten wir bei digitalen Anzeigen darauf, Datenvolumen zu minimieren, etwa durch unser Green Ads-Format. Bei Green Ads wird der Energieverbrauch dieser Anzeigen durch optimierte Bildgrößen und schlankere Dateiformate gesenkt. Diese Maßnahmen sind kleine, aber wirkungsvolle Ansätze, die im Marketing die Umweltbelastung senken sollen. Natürlich ist das Interesse je nach Kunde unterschiedlich – manche Unternehmen integrieren Nachhaltigkeit gezielt, andere prüfen dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Wichtig ist uns vor allem, dass die Initiative authentisch bleibt und als zusätzlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit verstanden wird. Und diese Werte leben wir auch im eigenen Büroalltag. Nachhaltigkeit muss fester Bestandteil der Unternehmenskultur sein und beginnt bei uns selbst.
Welche Trends werden Ihrer Ansicht nach in den nächsten fünf Jahren die Marketingbranche am stärksten prägen und worauf sollten Unternehmen ihren Fokus legen, um erfolgreich zu bleiben?
Artes: KI bleibt ein riesiges Thema und erfordert stetige Anpassungen. Gleichzeitig wird die Digitalisierung alle Mediengattungen weiter durchdringen und datengetriebenes sowie Realtime-Arbeiten zentral bleiben. Unternehmen sollten daher jetzt in digitale Kompetenzen investieren, um langfristig erfolgreich zu sein.
Gibt es einen Ratschlag, den Sie jungen angehenden MarketerInnen mitgeben können?
Artes: Geht euren eigenen Weg und lasst euch nicht zu sehr von anderen beeinflussen. Ob ihr häufig den Job wechselt oder lange bei einem Unternehmen bleibt – entscheidend ist, was für euch persönlich passt. Es gibt keinen „richtigen“ Weg.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten von der DMEXCO. Dieses Interview wurde von Alina Steiner und Katharina Graf verfasst.