Nicole Bäck, geschäftsführende Gesellschafterin von Ecker & Partner: "Aus unserer Sicht führt kein Weg an Gendern vorbei, auch wenn noch völlig unklar ist, welche Schreibweise sich letztendlich durchsetzen wird."
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Nicole Bäck, geschäftsführende Gesellschafterin von Ecker & Partner: "Aus unserer Sicht führt kein Weg an Gendern vorbei, auch wenn noch völlig unklar ist, welche Schreibweise sich letztendlich durchsetzen wird."

Journalist*innenbarometer-Umfrage: Gendern ja, aber wie?

Laut neuem Journalist*innenbarometer von Marketagent und Ecker & Partner ist es nicht die große Liebe - aber es wird sich durchsetzen: In der Medienbranche gibt es im gesamten DACH-Raum einen klaren Trend zum Gendern.

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Genderneutrale Sprache wird sich in der Medienbranche durchsetzen, davon sind 71 Prozent der österreichischen JournalistInnen überzeugt. Die meisten glauben, dass sich Gendern in unterschiedlichen Schreibweisen etablieren wird. Während sich in Österreich gut zwei Drittel der PressevertreterInnen um eine genderneutrale Ausdrucksweise in Texten bemühen, sind es in Deutschland nur 56 Prozent, in der Schweiz hingegen 76 Prozent.

Am beliebtesten ist in Österreich dabei die Nutzung der geschlechtsbezogenen Paarform (20 Prozent), also die Verwendung der männlichen und weiblichen Form, gefolgt von bewusst genderfreien Begriffen (12 Prozent), dem Binnen‑I (12 Prozent), dem Sternchen (8 Prozent) und dem Doppelpunkt (7 Prozent). In jeder dritten österreichischen Redaktion gibt es eine klare Vorgabe zu gendern, aber nur 21 Prozent legen eine einheitliche Schreibweise fest. Für knapp 60 Prozent der heimischen JournalistInnen ist es in Ordnung, wenn Unternehmen und Organisationen ihre Pressearbeit gendern, 27 Prozent würden das sogar bevorzugen.

Gendern? Ja bitte!

Alles in allem ist der Trend zum Gendern eindeutig. Zwar ist die Skepsis in Deutschland weitaus größer, hierzulande zweifeln aber auch 29 Prozent der PublizistInnen daran, dass sich genderneutrale Sprache in den kommenden fünf Jahren durchsetzen wird. In Österreich sind aktuell etwas mehr als die Hälfte der Pressetexte, die JournalistInnen erhalten, in genderneutraler Sprache formuliert. Vor allem weibliche Redakteurinnen bevorzugen gegenderte Texte und Informationen (43 Prozent, Männer 10 Prozent), von den Männern sprechen sich sogar mehr als die Hälfte gegen eine genderneutrale Schreibweise aus (58 Prozent, Frauen 27 Prozent).

Was bedeutet das nun für die Pressestellen in Unternehmen und Organisationen? Nicole Bäck, geschäftsführende Gesellschafterin von Ecker & Partner, dazu: „KommunikatorInnen müssen sich spätestens jetzt mit dem Thema auseinandersetzen und eine Lösung finden, wie sie mit dem Thema Gendern umgehen. Diese muss mit dem eigenen Selbstbild übereinstimmen und dann konsequent und einheitlich auf allen Kommunikationskanälen umgesetzt werden.”

Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent, ergänzt: „Sprache verändert sich nicht von heute auf morgen, sie entwickelt sich nur langsam. Wir bewegen uns zwar eindeutig in Richtung Gendern, aber auf dem Weg dorthin müssen wir auch jene mit ins Boot holen, die sich noch nicht damit anfreunden können.”

Nicht die große Liebe, aber Zeichen von Inklusion

Die Meinungen zum Thema Gendern sind unter Medienmacher*innen vielfältig: Nicht nur über das Ob, sondern auch über das Wie. Die Diskussion darüber sei übertrieben, es verkompliziere die Sprache und störe den Rede- und Lesefluss, so die gängigsten Kritikpunkte. Dieser grundsätzlichen Ablehnung stehen allerdings Aussagen gegenüber, dass genderneutrale Sprache einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung hat, zur Inklusion beiträgt, unser Verhalten beeinflusst und so letztendlich der Gleichberechtigung im Alltag zugutekommt. Letzterem stimmen in Österreich 45 Prozent aller Journalistinnen zu, aber nur 25 Prozent ihrer männlichen Kollegen. So oder so steige der Druck zum Gendern in der öffentlichen Kommunikation, davon ist die Mehrheit der Befragten in der DACH-Region überzeugt – und der Journalismus hätte hier definitiv eine Vorbildfunktion. Im Vergleich zu Deutschland entpuppt sich der österreichische Journalismus sogar als Trendsetter: 45 Prozent der heimischen Befragten halten genderneutrale Sprache im Journalismus für relevant, aber nur 26 Prozent der deutschen.
„Das Gendern ist für viele JournalistInnen eine persönliche Herausforderung”, bestätigt Nicole Bäck. „Aber aus unserer Sicht führt kein Weg daran vorbei, auch wenn noch völlig unklar ist, welche Schreibweise sich letztendlich durchsetzen wird. So wird derzeit manchmal auch innerhalb eines Mediums auf unterschiedlichste Weise gegendert – das trägt in der Bevölkerung zur allgemeinen Verwirrung bei.”

Wunsch nach einheitlicher Regelung

Offenbar auch aus diesem Grund wünscht sich die Hälfte der befragten JournalistInnen aus Österreich eine einheitliche Regelung – mehr Frauen (65 Prozent) als Männer (39 Prozent). Dieser Frage stimmen allerdings nur 35 Prozent der deutschen KollegInnen zu, in der Schweiz sind es 44 Prozent. Bei der Frage nach der Instanz, die über das Gendern entscheiden soll, herrscht in Österreich jedoch Uneinigkeit: Ein Drittel meint, es sei Sache des jeweiligen Mediums, für 21 Prozent sollte der Duden und für 14 Prozent der Berufsverband zuständig sein – und 26 Prozent wollen selbst darüber entscheiden.

Hitzige Debatten

Dass Binnen‑I, Sternchen und Doppelpunkt die Gemüter erhitzen, ist in den DACH-Redaktionen schon seit langem bekannt und die Trennlinien sind vielfältig: Gegensätzliche Ansichten gibt es sowohl unter den unterschiedlichen Altersgruppen und Geschlechtern als auch innerhalb der Ressorts. In Österreich halten etwa 51 Prozent der Journalistinnen das Thema genderneutrale Sprache im Journalismus für relevant, aber nur 27 Prozent der männlichen Kollegen. Generell haben sich 9 von 10 JournalistInnen im gesamten DACH-Raum bereits mit dem Gendern auseinandergesetzt. Dennoch orten insbesondere Frauen noch einen Bedarf nach Weiterbildung.

„Es herrscht noch viel Gesprächs- und Informationsbedarf. Aus unserer Sicht ist es unbedingt notwendig, das Bewusstsein für den Stellenwert des Genderns zu schärfen. Sprache ist mächtig und spiegelt nicht nur unsere gesellschaftlichen Verhältnisse wider, sondern kann sie auch zum Besseren verändern”, ist Schwabl überzeugt.

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