Joachim Feher, CEO von RMS Austria
© Sabine Hauswirt

Joachim Feher, CEO von RMS Austria

Joachim Feher, RMS: „Für uns ist die ‚Cookiekalypse‘ kein Schreckgespenst.“

Joachim Feher, Geschäftsführer von RMS Österreich, verrät im Interview mit Internet World Austria, warum sich Digital Audio zum Allzeit- und Überall-Medium entwickelt hat und was das für das Marketing bedeutet.

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Herr Feher, das Radioangebot in Österreich wird immer größer und vielfältiger, allein im vergangenen Juni gingen 28 neue Sender on Air, erleben wir gerade ein Goldenes Zeitalter des Radios?

Joachim Feher: Golden ist ein großes Wort, aber definitiv trifft Radio aktuell den Nerv der Österreicher:innen, denn quer durch alle Altersschichten hören wöchentlich mehr als 90 Prozent aller Österreicher:innen Radio. Radio hat sich längst vom klassischen Radioempfänger emanzipiert und ist heute digital über Smartphone, Smartspeaker etc. wirklich überall nutzbar. In einer Zeit, in der sich Fake News massiv verbreiten und eine Krise die nächste überlagert, schätzen die Menschen besonders die unschlagbare Kombination von verlässlicher Information und Entertainment in einem Kanal. Ein Mix, den eben nur Radio in dieser Form bietet.

Welche sind die Ursachen für diesen Boom?

Feher: Hier spielen mehrere Faktoren positiv zusammen: DAB+ ermöglicht eine kostengünstigere Verbreitung als UKW und bietet ausreichend Platz für mehr Sender, gleichzeitig erlauben neue Technologien eine hochqualitative und effizientere Produktion. All das macht es möglich, dass auch in einem kleinen Land wie Österreich nun Radioprogramme abseits des breiten Mainstreams – hoffentlich langfristig – erfolgreich sein können. 

Geht diese Entwicklung weiter, müssen wir uns in Zukunft auf noch mehr Sender und noch mehr Programmvielfalt einstellen?

Feher: Ich denke, aktuell ist Österreich gut abgedeckt, aber da wird sich sicherlich noch einiges zurechtruckeln. Nicht alles, was im Sommer 2024 gestartet ist, wird wohl dauerhaft so bleiben. Man startet, man testet, man optimiert. Aktuell liegen europaweit gerade Rock und 80/90ies-Formate im Trend, ich bin mir ziemlich sicher, dass in fünf Jahren andere Musikstile in der Hörergunst ganz vorne liegen werden. Und eines hat Radio in seiner 100-jährigen Geschichte bewiesen – es hat sich immer weiterentwickelt und Musiktrends groß gemacht.

Noch mehr Sender, noch mehr Zielgruppen – darf die Marketingbranche über diese Entwicklung jubeln?

Feher: Definitiv! Wir werden aber bei der großen Sendervielfalt nicht stehen bleiben, aktuell haben wir 50 Sender im Portfolio, das ergibt schon eine enorme Bandbreite an Formaten und damit Zielgruppenvielfalt. Derzeit arbeiten wir intensiv an Programmatic Radio und haben 2024 schon mehrere erfolgreiche Tests mit Agenturen, Kunden und Sendern gemacht. Unser Ziel ist es, die große Zielgruppenbreite, die RMS bietet, programmatisch verfügbar zu machen.

Die RMS hat vor kurzem ein Whitepaper zu „Digital Audio“ veröffentlicht und spricht von einem „Game Changer für das Marketing“ – ist das nicht ein bisschen zu hoch gegriffen?

Feher: Sind wir nicht alle Marketeers? (lacht). Es gibt viele großartige Beispiele von Marken, die eine unique Sonic Identity haben, denken wir nur an Magenta/T‑Mobile/Deutsche Telekom oder an Netflix. Eine Sekunde hören genügt und jede, jeder weiß, um welche Marke es sich handelt. All diese Marken haben den immensen Vorteil, dass sie nicht immer auf teure visuelle Werbung setzen müssen, es genügt auch ein Audioimpuls, um ein starkes Markenbild entstehen zu lassen. Und wir alle wissen, es gibt ausreichend Momente, in denen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht auf einen Screen blicken wollen oder können, da ist Audio unschlagbar. 

Jubeln Sie als Geschäftsführer eines Audio-Vermarkters über diese neue Vielfalt oder wird dieser bunte Markt selbst für eine RMS immer unüberschaubarer und damit auch schwieriger zu handhaben, zu bearbeiten?

Feher: Die Sendervielfalt hat uns dorthin gebracht, wo wir heute stehen: zu unserer Marktführerschaft. Heute geht die Mehrzahl der gehörten Radiominuten in der werberelevanten Zielgruppe an die RMS. Wir haben nicht nur Ö3 überholt, sondern den ORF gesamt. Immer wieder bekommen wir aber die Frage nach dem Umfeld, das doch so vielfältig ist und wie sich diese Vielfalt auf die Werbewirkung auswirkt. Eines ist doch wohl klar: Niemand hört einen Sender, den sie oder er nicht hören will, niemand wird zum Hören eines Senders gezwungen. Die Hörerinnen und Hörer nutzen das Programm, das sie am allerbesten unterhält, informiert usw. Wir werden in Kürze mit einer neuen Case Study belegen, dass ein einheitliches Umfeld keinerlei Einfluss auf die Werbewirkung hat.

Wie schätzen Sie mit dem Blick zurück generell das Werbejahr 2024 ein?

Feher: Sehr euphorisch gestartet und dann kontinuierlich an Fahrt verloren. Besonders das vierte Quartal hat dann kaum mehr Grund zur Freude gegeben. Der Effizienzdruck, den jede Auftraggeberin und jeder Auftraggeber hat, spürt man auch als Werbeträger sehr stark.

Wie wird sich der Markt 2025 entwickeln, wo sehen Sie positive Tendenzen?

Feher: Die gesamte Werbebranche braucht Mut – Mut zu Entscheidungen, Mut, auf Bewährtes statt auf shiny Trends zu setzen und Mut, neben dem kurzfristigen ROI vermehrt in die Marke zu investieren. Zudem müssen wir in Österreich endlich mehr zusammenarbeiten. Alle schauen entrüstet auf die hohen Wachstumsraten der Tech-Giganten, aber bei der Frage, wie wir dem gemeinsam entgegenwirken, wird es dann plötzlich sehr ruhig.

Beschäftigen Sie als Audio-Vermarkter auch die Dauerthemen der Digitalbranche wie Cookies, Third- oder First-Party-Daten?

Feher: Da Audio vorwiegend im HTML-freien Umfeld genutzt wird, waren wir schon sehr früh darauf angewiesen, Alternativen zu Cookies zu entwickeln, da es diese im Digital Audio Segment schlichtweg nicht gibt. Das ist toll, da für uns die „Cookiekalypse“ kein Schreckgespenst ist. Einmal mehr konnten wir auch davon profitieren, dass wir eine große Mutter in Deutschland haben, die bereits vor Jahren die Listener ID als innovative Lösung entwickelt hat. Unbestritten sind Daten der Schlüssel für spezifisches Targeting. Die Radiosender generieren First Party Daten und stellen sie uns selbstverständlich DSGVO-konform zur Verfügung. In unserer DMP reichern wir diese dann auch noch mit 3rd Party Daten an, um der Werbewirtschaft so 130 Targetingsegmente anbieten zu können.

Dieses Interview ist Teil einer Artikelserie rund um die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2024 & Prognose 2025”, die von der Agentur MOMENTUM WIEN in Kooperation mit dem iab austria erstellt wird. StudienteilnehmerInnen und Mitglieder des iab austria beziehen die Studie um 2.900 Euro (exkl. USt) per E‑Mail an  bei MOMENTUM Wien. Der reguläre Preis der „MOMENTUM Spendingstudie 2023 und Prognose 2024“ beträgt 3.900 Euro (exkl. USt).

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