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Joachim Feher, CEO von RMS Austria
© Sabine Hauswirt

Joachim Feher, CEO von RMS Austria: "Dank KI können wir Radiomagie rund um die Uhr bieten."

Joachim Feher, RMS: „Die Digitalisierungsfee hat es mit dem Radio sehr, sehr gut gemeint.”

Joachim Feher, Geschäftsführer der RMS Austria, verrät im im Interview mit Internet World Austria, wie die Digitalisierung zu neuer Radiovielfalt und KI zu mehr Radiomagie führt.

Herr Feher, beim Stichwort Digitalmedien fällt einem nicht gerade als erstes das Radio ein und dennoch scheint es seinen Platz in der digitalen Transformation ganz gut gefunden zu haben?

Joachim Feher: Radiohören ist etwas, was man immer und überall kann, durch die Verbreitung der Smartphones und über das Internet ist das Radiohören auch noch unabhängig von einem Empfangsgerät, egal ob UKW oder DAB+, geworden. Mit dem Smartphone trägt mittlerweile jede Österreicherin und jeder Österreicher ständig ein Empfangsgerät mit sich herum. Außerdem ist das Tolle am Radio, dass das eigentliche Produkt nicht verändert werden musste. Während sich zum Beispiel die VertreterInnen anderer Mediengattungen damit beschäftigen, wann und wie sich ihre Inhalte am besten von einem großen auf einen kleinen Screen bringen lassen, braucht das Radiohören all das nicht. Wer hören will, steckt sich seine Ohrstöpsel rein, ist damit sogar noch ein Stückchen von seiner Umwelt abgeschirmt und kann überall tun und lassen, was er oder sie will, denn sowohl die Hände als auch die Augen bleiben frei. Egal, ob man beim Staubsaugen in bessere Stimmung kommen will, in der U‑Bahn entspannt einen bestimmten Sender hören will oder über eine Wiese läuft und sich dazu von Musik beschallen lassen will, das Radio ist immer dabei, weil es digital geworden. Und all das, was wir aus dem digitalen Marketing und der digitalen Werbung kennen, ist damit auch mit Audio-Werbung möglich.

Das heißt, auch KundInnen können mit ihrer Werbung überall und jederzeit präsent sein?

Feher: Ja. Zum einen bringt es für alle Simulcast-Sender, die über UKW, DAB+ und Online-Audio verbreitet werden, mehr Reichweite. Mehr als 90 Prozent aller ÖsterreicherInnen hören in jeder Woche zumindest einmal Radio. Sie tun es über unterschiedliche Endgeräte und daher steigt die Reichweite. Das ist sicherlich auch mit einer der Gründe dafür, warum Radio als Gattung heute so stark dasteht. Andererseits hat die Digitalisierung zu einer sehr, sehr großen Vielfalt geführt, denn neben den Simulcasts gibt es mittlerweile von allen österreichischen Sendern viele neue Produkte und diese Vielfalt wird aktuell durch die KI noch einmal größer. Über neue Sender und Angebote kann man auch in Radioprogrammen ganz genau targeten. Wenn beispielsweise ein Werbespot um 14.25 Uhr auf einem Sender wie 88.6 läuft, dann hört in jede und jeder, der um 14.25 Uhr den Sender „88.6” hört. Wenn ich einen Spot im Streaming auf „88.6” ausspiele, kann ich sagen, ich möchte, dass ihn nur Frauen hören, oder ich spiele für Frauen einen anderen Spot als für Männer. Die Daten dazu haben wir. Wir haben aber auch eine eigene Datenmanagement-Plattform und können daher die Targeting-Logik, die man vielleicht von Display kennt, auf Radio umlegen.

Ist dieser Prozess, immer genauer targeten zu können, schon abgeschlossen oder wird das Feinjustieren in der Zukunft noch präziser?

Feher: Heute konsumieren ungefähr 60 Prozent aller ÖsterreicherInnen Radio auch online und dabei handelt es sich in den allerseltensten Fällen um ein Entweder-Oder, sondern in den allermeisten Fällen um ein Sowohl-als-Auch. Wenn ich im Auto unterwegs bin, höre ich Radio höchstwahrscheinlich klassisch über UKW oder DAB+, wenn ich öffentliche Verkehrsmittel nutze, höre ich eher Online-Radio und alle, die in ihrer Küche oder ihrem Wohnzimmer einen Smartspeaker stehen haben, hören ebenfalls Online-Radio. Oder im Büro, da stand früher irgendwo in einer Ecke ein Radiogerät, bei dem jemand einen Sender eingestellt hat und alle 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rundherum mussten den gleichen Sender mithören. Heute steckt sich von diesen 15 jede und jeder seinen Ohrhörer rein, geht auf eine Website oder eine Plattform und wählt sich sein Lieblingsprogramm aus.

Das eine ist die technische Verbreitungsform, aber wie sieht diese Segmentierung bei den Zielgruppen aus?

Feher: Wir als Vermarkter werden sicherlich in der Datengenauigkeit immer besser und versuchen natürlich auch, unseren Kunden immer mehr spannende Targeting-Optionen anzubieten. Schon heute gibt es die Möglichkeit, auch nach Stimmungen oder Musikstilen zu targeten – ganz weit weg von jeder Soziodemografie. Dank der Digitalisierung können wir mit unserem Radioangebot heute gezielt Menschen erreichen, die nostalgisch in ihren Erinnerungen schwelgen, die sich gerne einmal in einem Oldies-Umfeld bewegen oder sich mit Party-Krachern auf das Ausgehen am Samstagabend einstimmen wollen. Das ist es, was Audio und Radio so einzigartig macht.

Sie haben vorher die KI angesprochen, wie trägt die Künstliche Intelligenz zu dieser neuen Qualität und Vielfalt im Radiomarkt bei?

Feher: Diese Innovationen passieren vor allem auf der Produktionsseite und sie sorgen dafür, dass es eine weitere Vielzahl an neuen Produkten geben wird, die den Menschen viel Radiogefühl vermitteln und den Advertisern größere Reichweiten bringen. Kennen Sie Betty? Betty ist eine KI-gesteuerte Moderatorin, die seit dem 1. Jänner 2024 durch ein ebenfalls KI-gesteuertes Webradio-Format der „Antennen Vorarlberg” führt. All das befindet sich noch im Experimentierstadion, aber die Vielfalt der Angebote und damit auch die Radiomagie werden immens zunehmen.

Radiomagie rund um die Uhr

Müssen menschliche Radio-ModeratorInnen um ihren Job fürchten?

Feher: Nein, so gut und so schnell ist die KI noch nicht, aber sie wird zunehmend in Zeiten eingesetzt werden, wo man ModeratorInnen nicht mehr einsetzen kann. Bisher war es beispielsweise schlicht und einfach nicht finanzierbar, dass während der gesamten Nacht ein Moderator oder eine Moderatorin im Studio anwesend war oder Menschen, die Nachrichten- und Verkehrsmeldungen sprechen. Damit ging eine gewisse „Studioatmosphäre“ verloren, weil in dieser Zeitzone bisher fast ausschließlich reine Musikstrecken präsentiert wurden. Mit der KI ändert sich das nun, und es gibt Radiomagie rund um die Uhr.

Ist diese „Radiomagie“, von der Sie sprechen, für die Hörerinnen und Hörer wirklich so wichtig?

Feher:  Wir wissen aus der Forschung, dass genau das, was zwischen den Musikstücken passiert, diese Radiomagie ausmacht, die Menschen dazu bringt zuzuhören. Genau das ist außerdem auch der Grund, warum Radio gegenüber Streamingplattformen wie Spotify und Co. nach wie vor die Nase deutlich vorne hat, weil es mit seinem Musikangebot und allem, was sich dazwischen abspielt den HörerInnen ein Gefühl vermittelt, Teil einer größeren Gemeinschaft, einer Community zu sein. Dieses Radiogefühl können die Sender und damit auch wir als RMS dank der Digitalisierung und jetzt auch noch durch die KI auf einer deutlich breiteren Basis anbieten. Damit stehen den einzelnen Advertisern aber auch immer mehr Möglichkeiten zur Verfügung, bei ihrer Kampagnenplanung noch stärker spotspezifisch vorgehen zu können.

Können Sie ein Beispiel für diese neue Radiovielfalt nennen?

Feher: Ja, nehmen wir zum Beispiel die „Antenne Steiermark” und die „Antenne Kärnten”, die ihr Programmangebot vervierfacht konnten, indem sie zu ihrem klassischen Programm, das live im Radio läuft, auch ein Programm mit vier unterschiedlichen Musikstilen anbieten, von den 80er- und 90er-Hits über die aktuellen Charts bis hin zum Rock. Alles, was sich zwischen den Musikstücken abspielt, ist vollkommen ident, nur die Musik ist eine andere. Damit kann man Lebensgefühle und Nähe zu einem Sender aufbauen, die Reichweite erhöhen und für die Advertiser attraktiver werden.

Wird diese Möglichkeit der immer feineren Zielgruppenselektion von der Werbewirtschaft auch akzeptiert?

Feher: Es überrascht mich, wie oft nach wie vor klassisches soziodemografisches Targeting nachgefragt wird, obwohl wir so viele punktgenauere Targetingmöglichkeiten anbieten. Da sind wir sicherlich auch unsererseits mit Information und Education gefordert, um die Möglichkeiten bekannt zu machen.

Hohe Variationsintensität und kostengünstig

Wie sieht der Einsatz von KI auf der Planungsseite aus?

Feher: Das war bisher interessanterweise rund um die KI nicht das drängendste Thema, und zwar weltweit gesehen. Der Fokus ging klar in Richtung Kreation. Auch wir haben eine Plattform namens Audio Stack im Haus, mit der wir innerhalb einer Minute Spots kreieren können. Diese Spots werden zwar im nächsten Jahr in Cannes sicherlich keinen Löwen gewinnen, aber für das, was wir heute vielfach in den Werbeblöcken hören, vom Supersonderangebot am Wochenende über die Minus-40-Prozent-Rabattaktion bis hin zur Frühjahrsaktionswoche und ähnlichem sind KI Spots durchaus konkurrenzfähig. Nur so lassen sich Spots extrem schnell, mit hoher Variationsintensität und auch kostengünstig produzieren.

Die Radiowelt wird also immer bunter und vielfältiger, weil sich das Medium Radio über viele neue Kanäle ausspielen lässt?

Feher: Ja, das Web hat eindeutig zu mehr Vielfalt im Radiosektor geführt und diese Vielfalt wird weiter ausgebaut werden. Für einen klassischen Radiosender muss ich in Österreich zuerst in einem aufwendigen und teuren Verfahren bei der RTR eine Lizenz beantragen, mit der ich dann in einem genau definierten Sendegebiet ausstrahlen darf. Das zwingt einen Sender dazu, sich in der Zielgruppenansprache relativ breit zu positionieren, um die Werbeerlöse zu maximieren. Im Web ist das alles völlig anders. Da sind theoretisch alle Menschen auf dieser Welt meine Zielgruppe, ich habe kein Lizenzthema und kann günstiger produzieren. Damit steigt die Vielfalt. Ich brauche nicht die ganze Welt als Zielgruppe, aber man braucht sich nur ansehen, wie viele SteirerInnen oder OberösterreicherInnen in Wien leben und jetzt auch in Wien „Antennen Steiermark” oder „Life Radio” hören können. Das gilt für jeden anderen Ort, egal wo auf der Welt sich jemand gerade aufhält. Und man sieht an den Daten, dass lokale Sender auch wirklich weltweit gehört werden. Über UKW würde das nicht funktionieren, weil das Sendegebiet und die Lizenz nicht danach ausgerichtet sind.

Die Digitalwelt ist also ein bisschen das Paradies für die RadiomacherInnen und RadiovermarkterInnen?

Feher: Ich will das klassische UKW-Radio überhaupt nicht schlecht reden, wir werden es noch lange haben und es wird für große Reichweiten sorgen, aber es ist tatsächlich so, dass es die Digitalisierungsfee mit dem Radio sehr sehr gut gemeint hat.

Dieses Interview ist Teil einer Artikelserie rund um die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024”, die von der Agentur MOMENTUM WIEN in Kooperation mit dem iab austria erstellt wird. Die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024” wurde erstmals beim JETZT SUMMIT (20. und 21. März 2024) in Wien angeteasert und erscheint voraussichtlich im April 2024.

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Albert Sachs

Chris Budgen

„Chatter” von Ethan Cross

Der renommierte Psychologe Ethan Kross verschränkt für sein international vielbeachtetes Buch seine eigenen bahnbrechenden Forschungsergebnisse aus Verhaltens- und Hirnforschung mit zahlreichen Fallstudien aus der Praxis.