Die Welt ist fasziniert. Am vergangenen Donnerstag (15. Februar) hat OpenAI das neue AI-Tool Sora präsentiert. Und seither versuchen sich die Menschen als Video-RegisseurIn. Denn Sora erlaubt es, Texte in wenigen Sekunden in ein Video zu verwandeln. „Creating video from text”, überschreibt OpenAI sein neuestes AI-Modell.
Schon erstaunlich, als OpenAI im November 2022 das AI-Modell ChatGPT präsentierte, war die Welt zwar auch fasziniert, aber beinahe noch mehr schockiert. Der neue Hexenmeister OpenAI hatte den GestalterInnen und Möchtegern-GestalterInnen dieser Welt plötzlich ein Zauberstab in die Hand gedrückt, der ihnen völlig neue Fähigkeiten verleiht. Nämlich, mit ein paar wenigen Befehlen automatisch ganze Texte schaffen zu können. Fantastisch. Faszinierend.
Gleichzeitig waren auch Ängste geweckt, ChatGPT könnte den einen oder anderen, ganze Gruppen samt ihren Fähigkeiten überflüssig und damit arbeitslos machen. Im deutlichsten reagierten darauf die DrehbuchautorInnen und andere Berufsgruppen in der Filmwelthauptstadt Hollywood, die über Monate hinweg streikten und die gesamte Film- und Serienproduktion lahmlegten, weil sie fürchteten, auf Dauer ihre Jobs an die Artificial Intelligence (AI) zu verlieren.
Dem Freischalten des Chatbots, der Faszination über die Möglichkeiten von ChatGPT folgten massive Bedenken. Vielfach sogar eine Art KI-Schock.
Jetzt also Sora. Statt schriftliche Befehle in Text umzuwandeln, kreiert diese AI aus wenigen Textzeilen ganze Videos. Die allerdings laut OpenAI noch auf eine Länge von einer Minute beschränkt sind. Aber Bedenken und Proteste, gar einer Schockstarre, gegen die Fähigkeiten von Sora waren bisher kaum zu vernehmen.
Stattdessen fluteten von Sora-kreierte Video die sozialen Medien und Online-Plattformen. Auch wenn sich beim zweiten Blick auf diese Videos offenbarte, dass die wenigsten von ihnen mit Sora produzierte Eigenkreationen der UserInnen waren. Bei der überwiegenden Mehrheit handelt es sich um eines jener Demonstrations-Videos, die OpenAI auf die eigene Website gestellt hat, um die Leistungsfähigkeit von Sora zu zeigen. Dazu versichert OpenAI schon in einer Vorzeile: „All videos on this page were generated directly by Sora without modification.” Die UserInnen teilten und teilen sie eifrig auf den Plattformen.
Zugegeben, die Sora-Beispielvideos sind beeindruckend. Aber vermutlich wussten die Sora-ProgrammiererInnen ganz genau, welche Prompts – die auf der Website zu den Videos auch angeführt sind – sie eingeben mussten, um diese Ergebnisse zu erzielen. Und möglicherweise haben sie aus einer ganzen Reihe von Versuchen, die besten und beeindruckendsten Videos ausgewählt. Dafür gibt es allerdings weder einen Beleg noch eine gegenteilige Information.
Zudem verhält sich OpenAI überraschend passiv, vermarktet das neue Modell marketingtechnisch nicht wirklich offensiv. Hingegen erklärt das Unternehmen in einem langen Begleittext sogar, Sora freigeschaltet zu haben, damit Kreative und „Menschen außerhalb von OpenAI“ es ausprobieren und testen können. OpenAI will so Rückmeldungen sammeln, um Sora und dessen Fähigkeiten besser verstehen, aber auch besser machen zu können.
Die Welt ist fasziniert. Das Ausmaß dieser Faszination und die (bisher noch?) ausbleibende Kritik überraschen. Sora zeigt, wie rasant sich die AI-Modelle weiterentwickeln und vor allem ihre Fähigkeiten wachsen. Faszinierend. Aber es macht schon auch ein bisschen Angst.