Mehr als fünf Stunden pro Tag verbringen in Österreich lebende Personen im Internet. Die Online-Mediennutzung nimmt kontinuierlich zu. Ist das eine Chance für MarketerInnen? Aber welche digitalen Medienangebote nutzen die Österreicher wirklich in welchem Ausmaß und welcher Messmethode, diskutierten unter der Leitung von iab austria-Vorstand und Head of Digital Transformation von RE/MAX Austria Markus Plank namhafte VertreterInnen von Medien, Agenturen, Vermarktern und werbetreibenden Unternehmen.
„Wir sind heute wirklich herausgefordert, Kampagnen richtig zu konzipieren”, räumte Gerti Gugerell, Marketingleiterin bei Hervis Sports, in der Podiumsdiskussion zur Media Usage ein. „Wir sehen bei sehr vielen Kampagnen, wie wenig an Wahrnehmung und Wirkung herauskommt. Die Nutzung von Webseiten ist teilweise erschreckend gering.” Bei all den unterschiedlichen Formen von Werbekampagnen, die von dem Unternehmen umgesetzt werden, ist für Hervis „Digital Key, hier können wir perfekt messen”. Gugerell strich zudem heraus, dass Hervis bei Branding-Kampagnen bewusst österreichische Medien pusht. Grundsätzlich brauche die Konzeption und das Planen von Kampagnen bei einem Unternehmen wie dem Sportartikelhändler „enorm viel Erfahrung und Zeit, damit man das Kampagnen-Set-up richtig hinbekommt”.
Daten als Basis, aber das Ergebnis zählt
Für die Konzeption und Umsetzung einer Kampagne, stünden am Beginn zwar immer Daten und Zahlen als Basis, meinte Kati Förster, Chief Innovation Officer der Mediaagentur essencemediacom Wien. „Doch am Ende des Tages ist der entscheidende Faktor, was bringen diese Zahlen?” Denn die Vielzahl an Daten und Studien würde, abgesehen von einigen SpezialistInnen, niemand mehr wirklich verstehen. „Wir versuchen, alles zu erheben und alle gewonnen Informationen in Tools einfließen zu lassen, aber die Komplexität der Daten beherrscht kein Mensch mehr.” Reichweiten seien gut, würden aber auch nicht immer weiterhelfen, denn die Situationen, in denen Medien genutzt und verwendet werden, sind völlig unterschiedlich.
Klaus Oberecker, Gründer der Talk Online Panel GmbH und des Marktforschungsunternehmens Reppublika, meinte hingegen: „Was das Messen angeht, hat sich in 20 Jahren kaum etwas verändert. Bei allen Zahlen, die es gibt, steht die Reichweite im Vordergrund. Die Nutzungszeit sagt nichts über die Reichweite aus. Da gibt es extrem starke Unterschiede und das sieht man auch bei den Kampagnen.” Nach dem Blick auf die Reichweiten lasse sich sagen, das Bild sieht ungefähr so aus wie vor 20 Jahren, aber umgelegt auf die Kanäle würde sich ein völlig anderes Szenario an Reichweiten und Mediennutzung ergeben.
Der große Sündenfall der Medienbranche
Konrad Mayr-Pernek, Verantwortlicher für Business Development bei der Wiener Vermarktungsagentur Purpur Media, brach hingegen eine „Lanze für Online. Wir geben uns unter Wert geschlagen, denn Studien wie Radiotest und MA, die auf Umfragen basieren, werden gleich behandelt wie Studien die messen. Das kann es nicht sein.” Damit würde auch ein Werbeträger-Kontakt gleich wie ein Werbemittel-Kontakt behandelt. Zur täglichen Online-Nutzung meinte Mayr-Pernek noch: „Von den fünf Stunden digitale Nutzung pro Tag verbringt der durchschnittliche Österreicher zwei Stunden mit Gaming.” Und dann noch ein harsche Kritik Mayr-Perneks in Richtung der GAFAs oder GAMAs: „Wir müssen den Großen glauben, was sie uns sagen, weil sich die großen internationalen Player jeder Messung entziehen. Und wir glauben ihnen alles. Ich glaube aber, nichts davon stimmt.” Für Mayr-Pernek ist dieses Verweigern, gemessen zu werden, „der große Sündenfall der Medien-Branche”.
Laut Peter Rosenkranz, Gründer, CEO und Inhaber der Agentur media4more, gesellt sich zu den geringer werdenden Aufmerksamkeitsspannen bei der Internet-Nutzung noch das Abnehmen der Kontakte hinzu. Umso wichtiger würden Daten und Dateninvolvement werden. „Die größte Herausforderung ist es daher, wie ich Daten betrachte und was ich daraus mache. Was lese ich aus Daten heraus”, so Rosenkranz und er betonte: „Die Daten sind der Tod des Marketing, denn wenn ich sie nicht richtig interpretiere, führen sie zu falschen Ergebnissen.” Zum Abschluss plädiert Rosenkranz noch für das Newsletter-Marketing: „Das ist zwar uncool, aber es funktioniert.”
Auch für Sabine Auer-Germann, Geschäftsführerin der Agentur und Post-Tochtergesellschaft adverserve Wien, sieht eine immer größere Datenflut auf die Medien- und Media-Branche zurollen. Dennoch: „Wir tracken zwar immer die Usability, müssen aber mittlerweile enorm viele Sichtkontakte ausspielen, damit man zwei Prozent Usability bekommt.”