© Stefan Joham

Hana Greiner, Creativ Director bei der COPE Content Performance Group

Hana Greiner, COPE: „Die Bereitschaft und die Neugier, Werbebotschaften in kreative Geschichten zu verpacken, ist in Österreich auf alle Fälle da.”

Hana Greiner ist Creativ Director bei der COPE Content Performance Group. Greiner leitet die Kategorie Content Creation & Storytelling des MCÖ Digital Marketing Experts Pool. Im Interview erklärt sie, wie Österreich im internationalen Vergleich dasteht.

Wie ordnen Sie den Stellenwert von Storytelling in Österreich im internationalen Vergleich ein?

Hana Greiner: Im internationalen Vergleich sehe ich in Österreich mit ein paar Ausnahmen noch sehr viele Hemmschwellen, was das Thema Storytelling betrifft. Die Bereitschaft und die Neugier, Werbebotschaften in kreative Geschichten zu verpacken, ist auf alle Fälle da. Im Gegensatz zu Unternehmen in den USA, UK oder in Skandinavien aber meine ich dennoch, dass es in Österreich noch ein bisschen mehr Mut braucht, sich vom ganz klassischen Marketing zu lösen und kreativen Spielraum zu genießen.

Welche Entwicklungen und Trends fallen Ihnen als Expertin besonders auf?

Greiner: In Bezug auf Storytelling sind Creator-Relations auf Plattformen wie TikTok und Instagram definitiv ein Thema. Ich begrüße das! Marken sind hier gezwungen, sich auf die Erzählweise der Creator einzulassen und sich vom starren Korsett der eigenen Corporate Identity ein Stückweit zu lösen. Der größte Trend überhaupt ist momentan natürlich Artificial Intelligence und deren Einsatz in der Content Creation. Meine Meinung dazu ist, dass wir uns in Bezug auf KI ein bisschen zu viel versprochen oder uns zu sehr davor gefürchtet haben. Tools wie ChatGPT sind tolle Sparringpartner, wenn es um die Konzeption von Geschichten geht, aber wirklich eine Seele einhauchen können am Ende nur menschliche Kreative.

Welches heimische Projekt rund um Content & Storytelling betrachten Sie als Vorzeigeprojekt?

Greiner: Vielleicht nicht so bekannt, aber dennoch für mich ein Vorzeigeprojekt ist unser Projekt „Guten Morgen Helden“ im Auftrag von redmail. Der Kunde hat sich getraut, eine ganz neue Richtung einzuschlagen und eine emotionale Geschichte zu erzählen, anstatt nur Vorteile des eigenen Angebots aufzulisten. Die Kampagne hat gezeigt, wie mächtig Storytelling ist: Über Sprachbarrieren hinweg hat die Geschichte einen auch für uns überraschend hohen Anklang gefunden. Die Inszenierung der Geschichte durften wir über mehrere Iterationen auf Basis von Insights aus der Kampagne anpassen und verändern. Die Essenz, also der Kern der Geschichte, blieb aber immer gleich. Und am Ende sind die Zahlen der Beleg dafür, dass Storytelling ein mächtiges Tool ist. Ich verfolge aber auch Kampagnen im Kulturbereich mit großer Begeisterung. Hier ist Österreich deutlich mutiger als in anderen Branchen. Der mittlerweile sehr bekannte Case von der Venus von Willendorf, die gemeinsam mit ihren „KollegInnen“ aus den Wiener Museen von Instagram zu Onlyfans gewandert ist, ist meiner Meinung eine der schönsten Geschichten, die österreichisches Marketing je erzählt hat.

Welches internationale Projekt ist Ihnen in den vergangenen Monaten aufgefallen?

Greiner: Die Cases, die mich nachhaltig beeindruckt haben, sind alle mittlerweile ein wenig älter. Momentan springen speziell Award-affine Agenturen oft und gerne auf den KI-Zug auf. Ein internationales Projekt, das mich aber bis heute zum Schmunzeln bringt, stammt aus der Feder des Scandinavian nation’s tourist board. Während des Lockdowns stellten sie (angeblich) Lautsprecher in Island auf. Menschen, die sich zuhause wegen des Lockdowns gestresst fühlten, konnte so ihrer Wut Luft machen und ihre Schreie durch die Lautsprecher in die isländische Wildnis schicken. Das ist eine Geschichte, die hohes Identifikationspotenzial schafft, die Sympathien trägt und einen der Hauptgründe für eine Reise nach Island promotet: Unendliche, freie Landschaften.

Welchen schnell umsetzbaren Tipp in Sachen Storytelling können Sie für Marketingverantwortliche in Unternehmen empfehlen?

Greiner: Storytelling erfordert ein klein wenig Mut. Eine Geschichte erzählen ist etwas anderes, als eine Werbebotschaft texten. Ganz oft sitzen wir vor dem leeren Blattpapier (bzw. der leeren Word-Seite) und wissen nicht, wo wir anfangen sollen. Um diese Blockade zu umgehen, empfehle ich, sich immer drei Fragen zu stellen: Was will ich überhaupt erzählen? Wem erzähle ich das? Und warum ist diese Geschichte es wert, erzählt zu werden? Speziell durch die zweite und letzte Frage kann die Kreativität in Fluss gelangen.

Dieses Interview ist Teil einer Interviewserie mit Mitgliedern des MCÖ Digital Marketing Experts Pool in Kooperation mit der Internet World Austria Redaktion. Stephan Kreissler, Gründer der Digital Agenturen AdsThatWork und Digitalisten, ist Initiator und Leiter des neuen Pools der Digital Marketing Expertinnen und Experten. Er wird unterstützt von Harald Rametsteiner, Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs Digital Marketing.

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Elisa Krisper

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