Politik und ORF. Das sind zwei untrennbar miteinander verbundene Zwillinge. Auch wenn die Politik scheinbar immer wieder Anläufe unternimmt, den ORF zu entpolitisieren, gelingt dies nicht wirklich. Meist fehlt auch der ernsthafte Wille dazu. Jüngstes Beispiel: der gescheiterte Einzug von Gertrude Aubauer und Beatrix Karl in den Stiftungsrat. Beide Damen mussten den Rückzug antreten, da sie Funktionen um Umfeld einer politischen Partei bekleiden. Wie aktiv, ist ihre persönliche Sache und jene der betroffenen Partei bzw. deren Vorfeldorganisationen. Jedoch genügt allein die Papierform, um im Konflikt mit den Vorgaben des ORF-Gesetzes zu stehen.
Für den Einzug in die ORF-Gremien, insbesondere den Stiftungsrat gilt ein Politik-Verbot für die Kandidatinnen und Kandidaten. Politische Funktion und ORF-Mandat führen zu einer Unvereinbarkeit. Umgekehrt gilt das nicht – zumindest nicht in dieser Deutlichkeit. Wer im Stiftungsrat sitzt, darf zwar kein politisches Amt annehmen bzw. muss das ORF-Mandat niederlegen, falls die Karriereleiter doch (wieder) in die Politik führen sollte. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne ORF-Räte parteipolitisch agieren, die Nähe von Parteisekretariaten und politischen Mandataren suchen, vermeintliche ORF-Themen unter einem parteipolitisch eindeutig gefärbten Hütchen präsentieren. Der Wahlkampf zur vergangenen Nationalratswahl und punktuell auch die Zeit danach boten genügend Beispiele.
Wie es Politikerinnen und Politikern, Funktionär:innen in Parteiorganisationen per Gesetz untersagt ist, in ein ORF-Gremium einzuziehen, sollte es amtierenden Stiftungs- und Publikumsrät:innen ebenso verboten sein, öffentlich parteipolitisch zu agieren, beispielsweise bei Wahlkampfauftritten oder Pressekonferenzen von Parteisekretären, Abgeordneten oder gar Ministern.
Stiftungsräte fungieren nicht nur als oberstes Kontrollorgan des ORF, sie sind auch Geheimnisträger, da sie durch ihr Funktion Einblick in viele unternehmenspolitische Vorgänge, Personalentscheidungen und ähnliches erhalten, über diese in ihrem Gremium sogar vielfach entscheiden. Jedes Naheverhältnis zur Partei- und Tagespolitik ist daher tunlichst zu vermeiden. Öffentliche Aussagen und Stellungnahmen eines einzelnen Stiftungsrats-Mitglieds zum ORF, zu dessen Gebarung, Finanzierung, Strategie und insbesondere Personalpolitik gehören klar untersagt und sollten anders geregelt sein. Indem es beispielsweise offizielle Statements des gesamten Stiftungsrates – oder zumindest von diesem mehrheitlich abgesegnete Positionen – gibt. Oder Stellungnahmen, die über einen vom Stiftungsrat dazu nominierten Sprecher, einer Sprecherin erfolgen. Auch der jeweilige Stiftungsrats-Vorsitzende und seine Stellvertreter:innen sollten zu öffentlichen Auftritten und Aussagen berechtigt sein, wenn sie im Sinne des Unternehmens und/oder des Stiftungsrates erfolgen. Denkbare Varianten sind keine Grenzen gesetzt, sofern sie klaren Regeln und Vorgaben folgen.
Ohnedies ist und bleibt der ORF-Stiftungsrat höchst politisch besetzt. Die Landesregierungen und die Bundesregierung entsenden einen Großteil seiner Mitglieder. Letztere nominiert diverse ORF-Räte sogar auf Vorschlag der im Parlament vertretenen Parteien. Das ist Politiknähe mehr als genug. Auftritte unter dem Fähnlein einer Partei sind weder opportun noch objektiv.
Ein dementsprechendes Politik-Verbot für ORF-Stiftungsräte gehört daher dringend in ein neues ORF-Gesetz geschrieben.