Mark Zuckerberg und Facebook wollen Geld verdienen. Das ist ihr gutes Recht. Es stellt sich nur die Frage, ob der mittlerweile eingeschlagene Weg zu diesem Ziel wirklich des beste und Facebook jede Strategie hinter der Werbung auf der eigenen Plattform egal ist.
Künstler aus dem Mühlviertel, alle möglichen Lebens‑, Investment- und sonstigen Berater, der kosovarische Fußballverband, ganz abgesehen von den diversen Anbietern von Mode, Schuhen und Accessoires – es ist ein buntes Völkchen und eine noch buntere Welt, die dem und der UserIn mittlerweile über Werbepostings auf Facebook entgegenflackert und ‑flimmert. Ganz abgesehen von den zahlreichen und natürlich unvermeidlichen Fake-Anzeigen, die Autos, Fahrräder, Luxusartikel und in Flugzeughangars gestrandete Koffer zum Schnäppchenpreis versprechen.
Eine bunte Warenwelt, ein Konsumuniversum, das in allen Farben leuchtet, Glücks- und Heilsversprechen in unendlicher Zahl, psychodelische Verzückungen. Einerseits. Anderseits offenbart sich aber auch ein grauer Werbealltag, ein farbloser und zunehmend freudloser Anzeigenfriedhof. Wer mag die grellen Verlockungen noch sehen, wenn zu befürchten ist, dass dahinter nichts anderes steckt, als eine billige Masche, den UserInnen, vielfach ohne jegliche Gegenleistung, möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen.
Der Terminus „Anzeigenfriedhof“ geht auf die Printbranche der 1970er, 1980er- und 1990er-Jahre zurück, als eine zunehmende Anzahl von bunten Zeitschriften und Zeitungen mit immer mehr Anzeigen zugepflastert wurde. Die klassische Medien- und Werbebranche erlebten in diesen Jahrzehnten über große Abschnitte hinweg ihre Hochkonjunkturphasen. Doch den wachsenden Umfängen, oft nur produziert, um genügend Umfeld für die Anzeigenflut zu schaffen, stellten Werber und Werbekunden bald ihre Bedenken zur sinkenden Werbewirkung ihres eigenen und damit des einzelnen Inserats gegenüber.
Inmitten dieser Phase scheint Facebook nun auch zu stecken. Online-Anzeigen werden scheinbar maßlos in beliebiger Häufigkeit und Vielfalt ausgespielt. Die Digitalbranche selbst spricht in solchen Fällen nicht von Werbe- oder Anzeigenfriedhöfen, sondern von Ad-Clutters. Aber die Befürchtungen der Advertiser sind dieselben wie in Zeiten von Anzeigenfriedhöfen: Aufmerksamkeits- und damit Wirkungsverlust.
Noch deutlicher ist aber bei den Konsumenten die Irritation über diese Form von Werbung ausgeprägt. Weil sie das Gefühl haben, die Werbung verdrängt andere Inhalte, Werbebotschaften überlagern das, was sich auf Social Media-Plattformen eigentlich suchen: den Austausch mit anderen UserInnen.
Für die Werbestrategie von Facebook bieten sich zwei Erklärungen an.
Erstens: Facebook will mit der eigenen Plattform so viel Geld einsammeln wie nur möglich. Besser, solange es noch geht. Denn, trotz der noch immer größten globalen UserInnen-Zahl sagen diverse Branchenbeobachter der Meta-Plattform den nahenden Tod voraus.
Zweitens: Zuckerberg ist Facebook längst egal geworden und er will sich nur noch darum kümmern, seine Vision vom pastellbunten Metaverse endlich zum Laufen zu bringen.
Vielleicht ist es aber auch eine Kombination aus beidem.