Frau Wiesinger, Glückwünsch zu Ihrer neuen Position als Präsidentin des Public Relations Verband Austria (PRVA). Neben Ihnen sind auch weitere Top-Frauen ins PRVA-Vorstandsboot geholt worden. Können Sie das neue Vorstandsteam in wenigen Worten beschreiben?
Karin Wiesinger: Vielseitig, ausgewogen, offen für Neues. Mit Ingrid Gogl, Magdalena Lechner, Feri Thierry und Melanie Wenger-Rami haben wir vier Neuzugänge, die die bereits vorstandserfahrenen Christian Krpoun, Florian Haas, Yvonne Masopust und mich ergänzen. Die Team-Mitglieder kommen aus den unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen: Politische Kommunikation und Public Affairs, Digitalkommunikation, Strategieberatung und Öffentlichkeitsarbeit für NGOs. Der neue Vorstand setzt sich zusammen aus VertreterInnen von Unternehmen, großen Agenturen, einer der größten Sozialorganisation Österreichs und EPUs. Er kennt daher den Berufsalltag und die Herausforderungen in den einzelnen Tätigkeitsbereichen.
Der Vorstand besteht demnach aus mehr Frauen als Männern, was leider immer noch oft als Rarität gesehen wird. Hat sich das rein zufällig so ergeben oder steckt mehr dahinter?
Wiesinger: Diversität ist nicht nur eine gesellschaftliche Tatsache, sie wird erfreulicherweise auch in immer mehr Unternehmen als zukunftsweisend und wirtschaftlich produktiv erkannt. Natürlich ist auch uns Ausgewogenheit wichtig, da diverse Teams erwiesenermaßen kreativer sind. Obwohl die Kommunikationsbranche als „typisch weibliche“ Branche gilt, ist ja der Anteil von Frauen auf C‑Level – vor allem im Unternehmensbereich, nach wie vor gering. Was das zusätzliche Engagement in Verbänden oder Vereinen betrifft, spielen für Frauen generell Fragen der Vereinbarkeit eine Rolle. Daher freut es mich sehr, dass wir für den PRVA-Vorstand eine Reihe starker Frauen gewinnen konnten.
Sie sind neben Ihrer Rolle als PRVA-Präsidentin Partnerin bei The Skills Group. Julia Wippersberg, die vormalige PRVA-Präsidentin, kam aus der „Wissenschafts-Ecke“. Was soll und was wird sich unter Ihrer Präsidentschaft im PRVA ändern?
Wiesinger: Es gibt zwei Stoßrichtungen: Erstens wollen wir die Professionalisierung von KommunikatorInnen weiter vorantreiben, vor allem im Bereich qualitative und ethische Standards sowie das Angebot für Aus- und Fortbildung weiter ausbauen. Darüber hinaus möchten wir den Verband für Personen, Agenturen, Unternehmen und Institutionen öffnen, die schon bedeutende Kommunikationsarbeit leisten, sich aber in einem reinen „PR“-Standesverband nicht abgeholt fühlen. Dazu zählen etwa GründerInnen oder Verantwortliche im Employer Branding oder HR-Bereich. Ein Beispiel: Gerade im Bereich des Aufbaus und der Pflege einer Arbeitgebermarke zeigt sich, dass Kommunikation und HR in einem Unternehmen als eigenständig agierende „Silos“ nicht mehr funktionieren, sondern integriert und engmaschig zusammenarbeiten müssen.
Welche Ziele möchten Sie als Präsidentin des PRVA erreichen?
Wiesinger: Erstens: Die Weiterentwicklung des Verbandes soll Mitgliedern einen Mehrwert bieten und der Kommunikationsbranche jenen Stellenwert in der Öffentlichkeit verschaffen, den sie verdient hat. Damit ist auch eine neue Erzählung über den Wert professioneller Kommunikation für die Gesellschaft („Purpose“) verbunden, die auch bestehenden Vorurteilen und kritischen Sichtweisen für Public Relations gegenübergestellt wird. Mit den PRVA-Newcomern hat der PRVA eine eigene starke Marke für junge Professionals bis 30 Jahre aufgebaut. Diese Schiene wollen wir durch den Ausbau von Kooperationen mit Bildungseinrichtungen stärken, und uns als praxisorientierte Plattform für BerufseinsteigerInnen positionieren. Das würde ich als zweites Ziel nennen.
Wofür steht der PRVA ganz allgemein und welche Werte vertritt er?
Wiesinger: Wir sind davon überzeugt, dass professionelle Kommunikation zur besseren Wertschöpfung von Unternehmen beiträgt. Der PRVA ist die zentrale Anlaufstelle sowie Vernetzungsplattform für alle KommunikatorInnen Österreichs. Der Verband agiert als Brückenbauer und integrativer Vorreiter für professionelle KommunikatorInnen der unterschiedlichen Disziplinen und fachlicher Hintergründe. Er entwickelt und forciert gemeinsame Veranstaltungen und Formate mit anderen Verbänden in Österreich und auf internationaler Ebene. Als Kompass für die Branche setzt er einen starken Fokus auf die Einhaltung ethischer Grundsätze und die Förderung von Qualitätsstandards bei seinen Mitgliedern.
Insbesondere durch die Corona-Pandemie hat sich die Digitalisierung in vielen Bereichen rasant entwickelt. Inwiefern denkt der PRVA nun „digitaler“?
Wiesinger: Die voranschreitende Digitalisierung lässt disziplinäre Trennlinien in der Kommunikation zunehmend verschwimmen. Branchen, Landesgrenzen und fachliche Silos werden immer stärker aufgebrochen. Um heute erfolgreich über alle Kommunikationskanäle mit unterschiedlichen Dialog- und Stakeholdergruppen zu kommunizieren, braucht es ergebnisorientiertes Zusammenarbeiten über alle Teil- und Fachbereiche hinweg. In diesem Zusammenhang sehen wir es als unsere zentrale Aufgabe, diese Transformation der Branche voranzutreiben und maßgeblich mitzugestalten. Wir planen daher die Zukunftsthemen für die Kommunikation von morgen aufzugreifen – zum Beispiel KI, selbstlernende Systeme, Virtual oder Augmented Reality – deren Chancen und Risken aufzugreifen und mit der Entwicklung von Branchenstandards zu begleiten. Diese werden auch Thema beim Branchen-Highlight-Event des Jahres, dem #ktag21 am 4. Mai 2021 mit dem Titel „KommunikationmitZukunft“ sein, der heuer erstmals rein digital stattfinden wird.
Etliche Verbände in Österreich haben rasch auf die derzeitige Lage reagiert, indem sie virtuelle Events auf die Beine gestellt haben. Wie sehen Ihre Pläne in diesem Bereich aus? Und wie nehmen die PRVA-Mitglieder die aktuelle Situation wahr?
Wiesinger: Zusätzlich zum ktag21 haben wir bereits im vergangenen Jahr einen Großteil unserer Fortbildungsveranstaltungen, den sogenannten PRofi-Treffs, auf digital umgestellt. Neben dieser Fortbildungsschiene, wo auch Best Practices im Mittelpunkt stehen, haben wir regelmäßig digitale „Entre Nous“-Treffen mit Fokus auf Austausch und Voneinander Lernen gesetzt. Da KommunikatorInnen immer schon Meister der Adaption waren, wurde auch diese Umstellung schnell angenommen. Nichtsdestotrotz hoffen wir, dass bald wieder physische Treffen möglich sein werden. Wir werden zukünftig auf eine gute Mischung von digitalen und realen Formaten setzen.
Apropos PRVA-Mitglieder: Wie sehen Ihre Pläne bezüglich der Akquise neuer Mitglieder aus?
Wiesinger: Mit der Themenwahl des ktag21 und den Inhalten der Vorträge fällt der Startschuss für die Neuausrichtung des PRVA. Die nachhaltigen Veränderungen am Markt und die damit einhergehende neue Rolle von PR-BeraterInnen und KommunikatorInnen in Unternehmen, Verbänden und Institutionen wird sich im nächsten Schritt auch in der Zusammenstellung unseres Fortbildungsangebotes widerspiegeln. Mit Veranstaltungen und Weiterbildungen in den Bereichen Digitalkommunikation, Strategieberatung, Human Ressources (HR) und Führungs-Themen hoffen wir, auch Vertreter neuer Disziplinen bzw. verwandter Tätigkeitsbereiche für den PRVA zu gewinnen. Weiters setzen wir durch den Fokus auf BerufseinsteigerInnen und ein erweitertes Angebot an Karriereförderung auf die PRVA Newcomer als Türöffner in die Branche.