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Die Werbung hat die großen Ideen verloren

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Albert Sachs
Die Big Idea ist in der Werbung in Vergessenheit geraten, meint Sir John Hegarty. Stattdessen sei das Verrückte in die Branche eingezogen. Doch verrückt zu sein, als Werbekonzept ist zu wenig.

„We’ve forgotten the big idea“, postete Bartle Bogle Hegarty-Gründer (BBH) und Werbelegende Sir John Hegarty auf LinkedIn. Wir haben die Big Idea allerdings nicht vergessen, wir haben sie verloren. Längst verloren.

Tristesse. Der hauptabendliche Werbeblock lässt sich mit diesem einen Wort beschreiben. Gleiches jagt Ähnliches. Es herrscht Monotonie. Ideenlose Spots wechseln sich mit Aktionsgeschrei ab. Der Angebotskracher wird augenblicklich vom Preishammer erschlagen.  Im TV-Werbeblock tauchen kaum noch Kampagne mit einer großen, ja vielfach nicht einmal mehr mit einer Idee auf. Ganz zu schweigen von der kreativen Flaute in den Printmedien und auf Plakatflächen. Die Big Idea findet sich dort nicht einmal, wenn man sie mit der Lupe sucht. Und im Kino werden noch immer Dias und selbstgedrehte Handy-Snippets gezeigt.

Das Paradebeispiel für den Ideenverfall liefern die Autobauer. Die lassen allesamt ihre neuesten Modelle nur noch an Stadtfassaden vorbei, über futuristische Brücken oder durch grüne Hügellandschaften in den Sonnenuntergang gleiten. Dann der Packshot auf Scheinwerfer, Armaturenbrett, Heckklappe/Kofferraum und zum Schluss noch das Logo. Die einst mächtige Branche kommt bei ihrer Werbung ganz ohne große Ideen aus.

Und ganz ehrlich, haben Sie schon einmal eine Big Idea hinter einer aktuellen Online-Kampagne entdeckt. Ja, so etwas gibt es tatsächlich, diese atemberaubenden, unterhaltenden Geschichten, die uns sprachlos zurücklassen. Auf den internationalen Award-Reels können wir das alle paar Wochen bewundern. Aber eine richtig alltagstaugliche Kampagne mit einer Idee? Weitgehend Fehlanzeige. Ach ja, Reels. Möglicherweise nur für Award-Shows gemacht. Oder zumindest aufgehübscht, um dort abzuräumen. Alleine die Länge der hochdekorierten Videos macht schon sicher.

Zurück zu Werbeikone Hegarty, der sich bereits aus der Branche zurückgezogen hat. Die globalisierten Märkte auf der einen, die fragmentierten Zielgruppen auf der anderen Seite lassen sich laut ihm für den Verfall der Big Idea ins Treffen führen. Und vielerlei andere Gründe, meint der Brite. Je mehr die Werbung von außen mit all den oben genannten Faktoren konfrontiert wurde, umso mehr habe sie sich aus unserem Alltag, aus dem Zentrum des Wirtschaftslebens zurückgezogen. Die Technik habe ihr, ohnedies schon an den Rand gedrängt, dann noch einen massiven Kick versetzt: Knapp eine Milliarde Menschen weltweit haben mittlerweile AdBlocker auf ihren Smartphones installiert.

 „Es ist keine Frage, die Werbung hat ihr wichtigstes Argument verloren: ihre Überzeugungskraft“, so Hegarty. Stattdessen würden in Commercials nun absurde Frisuren, idiotische Tanzeinlagen und die aktuellsten Animationstrends dominieren. All das fasst Hegarty unter „whacky“, Verrücktheiten zusammen. Hegarty: „Whacky ist keine Idee: Es ist ein Hilfsmittel.“

Dann zitiert der eine große Werber einen anderen, einen der Ur-Väter moderner Marken- und Produktkommunikation, Bill Bernbach, Mitbegründer von Doyle Dane Bernbach (DDB): „Die wirkungsvollste Strategie ist: Machen Sie es interessant. Mach es lustig.“

Eine eigenwillige Frisur, schräge Figuren, sinnbefreite Tanzeinlagen machen längst nicht die Werbung, eine Branche aus. Es sind vielmehr Mut, Haltung, eine klare Philosophie, die Suche nach dem Besonderen, dem Besseren, das Erzählen großer Geschichten. 

Doch die Big Idea scheint Vergangenheit. Wir haben sie verloren. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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