Der seltsame Fall des Elon X

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Albert Sachs
Elon Musks eigenwillige Vorliebe für den Buchstaben X kostet Milliarden, zerstört eine Marke und bringt sonst noch allerlei Absurditäten in diese Welt.

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Twitter heißt jetzt also X. Sicherlich haben Sie es auch schon auf Ihrem Smartphone gesehen, dieses eigenartige, nichtssagende, fast bedrohlich wirkende X auf schwarzem Hintergrund.

Elon Musk hat ein schon beinahe obsessives Faible für den Buchstaben X. Schon sein erstes Unternehmen trug den Namen X.com. Von dessen Gründung zieht sich das X markant durch seine (Unternehmens-)Geschichte – bis nun eben hin zu Twitter. Entschuldigung, X!

Von X.com über SpaceX, das erste Tesla-Modell X und den Namen seines Lieblingsflugzeugs, schließlich X AE A‑XII, dex Namen seines siebenten Sohnes, bis eben zu X.

Musk hatte Twitter im Oktober für 44 Milliarden US-Dollar übernommen. Angeblich stand der Micronachrichten-Dienst damals kurz vor der Pleite. Der Multimilliardär übernahm daher bei Twitter das Zepter, entließ Tausende MitarbeiterInnen und gliederte es in seine Unternehmensholding X Corp. ein. Logisch.

Mit einem Wert von 44 Milliarden Dollar spielte Twitter zwar nicht ganz in der Top-Liga der wertvollsten Marken und Unternehmen der Welt mit, hatte aber im Social Media-Universum einige Bedeutung und weltweit knapp 230 Millionen User.

Nur zum Vergleich: Apple hat in diesem Juni als erstes Unternehmen weltweit die Marke von drei Billion Dollar übersprungen, die Marke selbst ist laut Interbrand aktuell knapp mehr als 880 Milliarden US-Dollar wert.

Twitter lag mit 44 Milliarden nicht wirklich schlecht. Musk selbst ging bei der Übernahme davon aus, dass er Twitter zu einem Wert von 250 Milliarden Dollar führen könnte, bezifferte aber im März 2023 dessen Wert nur mit nur noch 20 Milliarden Dollar. Deutlich weniger als die Hälfte seines Kaufpreises. Im Mai waren es dann nur noch 15 Milliarden und zuletzt taxierte das Beratungsunternehmen Brand Finance den Twitter-Wert nur noch mit vier Milliarden US-Dollar. Facebook, für Musk der große Konkurrent, liegt aktuell bei 59 Milliarden Dollar.

Musk will Twitter zu einer sogenannten „Everything App“ umbauen, einen Alleskönner, der u.a. auch Shopping und Zahlungsservices ermöglichen soll. Allerdings hatte nach Musks Plattform nach der Übernahme nicht nur zahlreiche Werbekunden verloren, auch das Abo-Modell Twitter Blue kam nicht vom Fleck. Super-Flop statt Super-App.

Die Umbenennung in X scheint den Absturz der Marke nur noch zu beschleunigen, statt den blauen Vogel neu zu beflügeln. Time schreibt: „Analysten und Markenagenturen halten die Umbenennung des Produkts für einen Fehler. Twitter ist eine der bekanntesten Social Media-Marken. … Die Popularität von Twitter hat auch dazu geführt, dass Verben wie „tweet“ und „retweet“ Teil der modernen Kultur geworden sind und regelmäßig verwendet werden. … Die Umbenennung in X erfordert nun, dass das Unternehmen diese kulturelle Anziehungskraft und den sprachlichen Konsens von Grund auf neu aufbaut.“

Sogar in den Duden hat es das Verb „twittern“ geschafft. Was machen aber all jene Menschen, die bisher „getwittert“ haben in Zukunft: X‑eln sie?

Gut, das X stand schon immer für das Geheimnisvolle, das Besondere. Es steht aber auch für x‑beliebig, das Austauschbare. Und der Markenfriedhof ist voll mit Namen, die auf das X setzten: von Xerox bis Twix.

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