Der PR-Staatspreis als Sozialfall

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Albert Sachs
Am Aschermittwoch wurden die PreisträgerInnen des PR-Staatspreis 2022 ausgezeichnet. Wieder einmal war eine Awareness-Kampagne erfolgreich. Wieder einmal eine falsche Entscheidung.

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„Tue Gutes und rede darüber“, wird seit Jahrzehnten unermüdlich als einer der Grundsätze der PR-Branche wiederholt. Dieses Motto nimmt der PRVA (Public Relations Verband Austria) bei der alljährlichen Verleihung des Staatspreises für Public Relations nur allzu ernst – und tut sich dabei selbst nichts Gutes.

Die Awareness-Kampagne „Gut, und selbst?“ wurde ihm Rahmen einer Gala am 22. Februar 2023 mit dem Staatspreis Public Relations 2022 prämiert. Die Auszeichnung heimsten laut PRVA-Aussendung „drei junge Kommunikationstalente“ ein, die das Thema Stress, Erschöpfung und Antriebslosigkeit bei Jugendlichen in den Fokus der Öffentlichkeit rücken wollen. Ein durchaus löbliches Anliegen, das gerne auch öffentlich gewürdigt werden darf. Aber nicht mit dem Staatspreis für PR.

Grundsätzlich richtet sich diese Kritik nicht gegen die aktuellen StaatspreisträgerInnen und ihr Anliegen, sondern gegen den PRVA und seine seit vielen Jahren gepflegte Praxis, den Staatspreis bevorzugt an Awareness- oder ähnliche Kampagnen zu verleihen. Immerhin muss man bis ins Jahr 2018 zurückgehen, um eine Staatspreisträger-Kampagne zu finden, der nicht in erster Linie ein sozialer Touch anhaftet.

Damals trug „Thermenflair in der Wiener U‑Bahnlinie U1“, eine Aktion, mit welcher die Anbindung der Therme Wien an die verlängerte U‑Bahnlinie U1 kommuniziert wurde, den Staatspreis davon. Zuvor durften sich die Seniorinnen und Senioren des Wiener Generationen-Cáfe „Vollpension“ (2021), die SOS-Kinderdörfer mit der Kampagne „30 Jahre Kinderrechte“ (2020) und die Mönche des Stiftes Admont für ihre vorbildliche Online-Kommunikation (2019) über den PR-Staatspreis freuen.

Hervorragende Kommunikationsstrategien, berechtigte und wichtige Anliegen. Nur alle von bedingter wirtschaftlicher Relevanz. Vier Sozial-Kampagnen bei fünf Staatspreis-Vergaben – diese Quote fällt eindeutig zu hoch für den sozialen Sektor aus. Zudem verschiebt sich diese Gewichtung nicht wesentlich, wenn sich der Blick auf die PR-Staatspreisträger richtet, deren Erfolg noch weiter zurückliegt.

Die PR-Zunft möchte eine zentrale Rolle im Wirtschaftsgeschehen des Landes spielen, Themen von und für Unternehmen wirksam kommunizieren. Dann soll sie ihre Leistungsfähigkeit zeigen – auch mit ausgezeichneten Projekten und Kampagnen. Allerdings mit solchen, der in erster Linie auf einer soliden wirtschaftlichen Basis fußen und nicht vom sozialen Verantwortungsbewusstsein getrieben werden.

Schon vor vielen Jahren, nicht erst in jüngster Vergangenheit, sind nationale und internationale Award-Shows für die Kommunikationsbranche berechtigterweise dazu übergegangen, Sozial-Kampagne nicht im Paarlauf mit kommerziellen Konzepten zu bewerten. Awareness-und Sozial-Kampagnen wurden beispielsweise von der Vergabe von Kategorien wie „Grand Prix“ oder „Best of Show“ und ähnlichen ausgeschlossen. Das ist nicht negativ gemeint, sondern stellt solche Kampagne, die vielfach pro bono und als Goodwill-Aktion der Beteiligten umgesetzt werden, in einen passenden Kontext zum wirtschaftlichen Alltagsleben. Denn natürlich spielen der Awareness-Faktor und das soziale Gewissen auch bei der Bewertung derartiger Kampagnen und Anliegen eine Rolle. Böswillig formuliert: Je mehr auf die Tränendrüse gedrückt wird, umso mehr glänzen und funkeln die Awards.

Der PRVA und das Wirtschaftsministerium als auslobende Institution des PR-Staatspreises sollten sich daher rasch Gedanken darüber machen, wie sie künftig mit Awareness-Kampagnen im Rahmen des Staatspreises umgehen. Damit der PR-Staatspreis nicht zum Dauer-Sozialfall wird. Und die PR-Branche ihre Relevanz im Wirtschaftsgetriebe nicht verliert.

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