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Der Bot, mein Feind

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Albert Sachs
Die Bots sind im Vormarsch. Gefühlt ist mittlerweile jede zweite Website eines größeren Unternehmens mit einem Chatbot bestückt. Der sorgt nicht immer für Glücksgefühle.

Sie kennen das sicherlich: Kaum wird die Website eines größeren Unternehmens geöffnet, poppt in der rechten unteren Ecke ein kleines Fenster auf und eine Chatbot fragt, ob und wie er helfen kann.

Chatbots sind klein digitale Helferlein, die uns durch die kleinen und großen Fährnisse des wirklichen Lebens führen sollen. Sie sollen uns aus kleinen Notlagen und bei den großen Problemen helfen. Die Bots sollen uns unseren Alltag erleichtern.

Bots sind Maschinen. Programme, die mit artifizieller Intelligenz (AI) arbeiten. Sie haben ihre Schwächen. Daran erkennen wir Menschen, dass es sich um künstliche Gebilde handelt. Nur werden die Modelle hinter ihrer Existenz und ihren Aufgaben immer perfekter. Darin liegt eine Gefahr, die nicht zu unterschätzen ist. Denn zum einen fällt es uns immer schwerer, zwischen künstlichen Bots und jenen Antworten, die tatsächlich noch von einer menschlichen Operatorin oder einem menschlichen Operator stammen, zu unterscheiden. Und je perfekter diese Bots, je ähnlicher sie uns Menschen, unserem Verhalten werden, umso größer auch die Verlockung, sie als reelle Menschen auszugeben.

Ein solches Szenario ist nicht sonderlich abwegig. Das zeigt allein, die Tatsache, wie uns Chatbots mittlerweile entgegentreten. Bei den ersten Chatbots handelte es sich meistens um eine anonymes, optisch vielfach durch eine Sprechblase symbolisiertes Angebot. Die Sprechblasen wurden von Symbolen abgelöst. Außerdem bekamen diese Sprechblasen plötzlich Namen, tendenziell eher einen weiblichen als einen männlichen. Plötzlich gehörte zu diesen Namen auch ein Gesicht, vielleicht noch eine Hand, die uns Zustimmung oder anderes symbolisierte. Mittlerweile verwandeln sich diese auf ein Gesicht oder einen Oberkörper reduzierten Bots immer öfter in einen Ganzkörper-Avatar. Diese Sabines und Roberts winken uns freundlich zu.

Doch in der zunehmenden Vermenschlichung der Bots liegt nicht die einzige Gefahr. Mit dem rasanten Fortschritt der AI werden die Bots auch immer leistungsfähiger. Bots übernehmen im Internet längst eine ganze Reihe an Aufgaben, deren Vielfalt sich kaum fassen lässt. Sie können dort beinahe alles, was auch wir Menschen können. Sie posten Texte und Bilder in den sozialen Medien, platzieren in Tipps und Ratschläge in Foren. Auf Facebook, Google und vielen Plattformen sind Bots unsere ständigen, gleichberechtigen, aber vielfach unsichtbaren Begleiter.

Gerade auf Facebook scheint in den vergangenen Monaten die Anzahl der ausgespielten, vermeintlich informativen Beiträge, hinter denen sich allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit Werbe-Botschaften und/oder Daten-Grabber verbergen dürften, rasant zugenommen. Ganz ähnlich die Entwicklung bei Google, subjektiv betrachtet, nimmt dort bei Suchanfragen die Anzahl der zuerst ausgespielten Werbe-Links massiv zu. Vereinzelt gipfelt das darin, dass beispielsweise redaktionelle Beiträge von News-Crawler-Seiten in der Trefferliste deutlich vor dem Original-Artikel auf einer journalistischen Seite angezeigt wird. Bots lassen sich mittlerweile so programmieren, dass sie die Google-Systematik austricksen.

„Malware-Bots und Internet-Bots können so programmiert oder umprogrammiert werden, dass sie sich in Benutzerkonten hacken, das Internet nach Kontaktinformationen durchsuchen, Spam senden oder andere schädliche Aktivitäten entwickeln“, schreibt das Software-Sicherheitsunternehmen Kaspersky auf seiner Website. Daten-Missbrauch und Urheberrechtsverletzungen kommen hinzu. Spam-Bots sammeln E‑Mail-Adressen aus Kontakt-Daten, von Gästebuchseiten und ähnlichen Quellen. Beinahe harmlos erscheint da Bot-Fähigkeit, Firmen- oder Markennamen gezielt in elektronisch generierte Texte einbauen zu können.

Bots fluten das Web. Sie werden immer leistungsfähiger und vermehren sich massenhaft. Laut dem kalifornische Cyber-Security-Unternehmen Arkose Labs sind Bots mittlerweile für drei Viertel des weltweiten Internet-Traffics verantwortlich. Auch wenn von dieser Einschätzung ein gewichtiger Marketinganteil, um die eigene Software besser verkaufen zu können, wegzurechnen ist, eine atemberaubende Entwicklung.

Die Bots sind auf dem Vormarsch. Doch das Vertrauen in die Seriosität ihrer Services schwindet. Der Bot, unser Feind.

Dieser Kommentar ist der erste Teil einer kleinen Serie. Das Gegenstück findet sich hier: Der Bot, mein Freund.

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