Man darf Ihnen gratulieren, denn Sie haben beim diesjährigen iab webAD 2023 den Gesamtsieg mit „Best in Show“ abgestaubt. Was bedeuten die Auszeichnungen mit dem wichtigsten Award der Digitalwirtschaft in Österreich für Sie und WIEN NORD Serviceplan?
Christian Hellinger: Solche Erfolge sind nicht alltäglich und WIEN NORD Serviceplan freut sich ungemein über vier Mal Gold und den Gesamtsieg beim einflussreichsten Digital Award des Landes. Es symbolisiert für uns eine Anerkennung effektiver und spannender Kreativarbeit und zugleich einen Ansporn, weiterhin mutige und gesellschaftlich relevante Kommunikation gemeinsam mit unseren Kunden zu realisieren. Ich glaube, ich spreche im Namen des gesamten Teams, wenn ich sage, dass wir sehr stolz und dankbar sind, dass der bedingungslose Einsatz der Agentur und des Leopold Museum für eine so wichtige Botschaft von den UserInnen und den JurorInnen gleichermaßen gewürdigt wurde.
Hans-Peter Wipplinger: Kunstmuseen sind Orte, in denen Menschen sich mit der Sicht auf die Welt durch den gefilterten Blick der KünstlerInnen auseinandersetzen können und mit Themen, Denkweisen und Weltsichten konfrontiert werden, die mitunter auch unbequem, fordernd oder provokant sein können. Die Auszeichnung unserer gemeinsamen Kampagne A Few Degrees More mit dem bedeutendsten Award der Digitalwirtschaft in Österreich würdigt die geniale Idee der Aktion, die wir Dank der exzellenten Kooperation mit unseren kongenialen PartnerInnen WIEN NORD Serviceplan und dem Climate Change Centre Austria (CCCA) in hervorragender Weise erfolgreich umsetzen konnten.
Die meisten Awards haben Sie für die Kampagne „A Few Degrees More“ gewonnen. Wieso glauben Sie ist diese Kampagne so gut bei der webAD-Jury angekommen?
Christian Hellinger: Die Klimakrise ist die wichtigste und brennendste internationale Frage unserer Zeit und die Herausforderungen, vor denen wir durch sie global stehen, sprechen eine universelle Sprache. Mit A Few Degrees More wollten wir dem abstrakten Charakter von Klimadaten und nüchternen Zahlen eine sehr emotionale, zugängliche und anschauliche Visualisierung von Klimafolgenforschung entgegensetzen. Schon wenige Grad an Temperaturanstieg können das Weltklima und unsere Ökosysteme massiv ins Ungleichgewicht bringen. Ich glaube, es ist das Plakative und Einfache an der Kampagne, dass sie international so gut nachvollziehbar und wirkungsstark macht. Am Ende war es buchstäblich ein simpler Twist, der eine Konversation rund um die Klimadebatte entstehen ließ.
Können Sie in wenigen Worten die Idee hinter der Kampagne für Ihren Kunden Leopold Museum beschreiben?
Christian Hellinger: Bei A Few Degrees More handelte es sich um eine temporäre Intervention im Rahmen der Dauerpräsentation Wien 1900. Aufbruch in die Moderne im Leopold Museum. Für einige Wochen wurden weltberühmte Landschaftsgemälde von VorreiterInnen und ProtagonistInnen der Klassischen Moderne wie Tina Blau-Lang, Gustav Klimt, Koloman Moser oder Egon Schiele zu Warnsignalen in Hinblick auf die Bedrohungen für unseren Planeten und seine BewohnerInnen durch den weltweiten Klimawandel.
Hans-Peter Wipplinger: Die Auseinandersetzung mit den drängendsten Problemen unserer Gesellschaft ist uns im Leopold Museum als Bildungs- und Vermittlungsinstitution ein zentrales Anliegen. Schon die KünstlerInnen der Avantgarde waren SeismografInnen ihrer Zeit und haben den Zustand der Welt und des Individuums visionär betrachtet. Museen nehmen per se eine nachhaltige Rolle in der Gesellschaft ein, indem sie das kulturelle Erbe für die nächsten Generationen bewahren und vermitteln. Sie verstehen sich als Räume der Inspiration und Reflexion über unser Dasein und haben das Potential, unser zukünftiges Handeln durch das Bewusstmachen gesellschaftlicher Phänomene positiv zu beeinflussen. Das Leopold Museum ermöglichte es durch die Intervention A Few Degrees More im Rahmen der Dauerausstellung, die einen der größten BesucherInnenmagneten in Wien darstellt, ein breites internationales Publikum vor Ort, über die Website, auf Social Media sowie durch die umfassende globale Berichterstattung über das Projekt zu erreichen.
Christian Hellinger: Ausgewählte Werke wurden genau um jene Gradzahl geneigt, um die laut Klimafolgenforschung die Temperaturen in den dargestellten Gebieten in den nächsten Jahren steigen werden, wenn wir unseren CO2-Ausstoß nicht umgehend massiv reduzieren. So wurde metaphorisch eine Natur visualisiert, die aus den Fugen geraten ist, und Besucher:innen wurde anschaulich und durch wissenschaftlich fundierte Begleittexte des CCCA dargelegt, dass der Anstieg der Temperaturen um wenige Grade durch die Erderwärmung dazu führen würde, dass unser Weltklima kippt. Die dazugehörigen Labels informierten über die bedrohten Landschaften und skizzierten wie Gesellschaft, Politik oder Privatpersonen aktiv werden und konkrete Maßnahmen setzen können.
Welchen Stellenwert haben Kreativpreise generell für Sie und Wien Nord Serviceplan?
Christian Hellinger: Als Kreativagentur, deren Erfolg von den kreativsten Köpfen, engagiertesten Kolleg:innen und größten Talenten getragen wird, sind Awards nicht nur Bestätigung und Zeichen der Wertschätzung der Branche und Creative Community. Sie sind vor allem auch unsere interne Messlatte, an der wir stetig wachsen und über uns hinauswachsen wollen. Preise können für Creatives und die Talente von Morgen große Strahlkraft haben, welche impactstarke Projekte und relevante Kommunikation umsetzen wollen und die dafür nach einer kreativen Home-Base suchen, die clevere Ideen mit viel medialem Echo fördert und ermöglicht. Aber dazu gehört auch ein mutiger, entschlossener Kunde – und hier möchten wir uns ganz herzlich beim Leopold Museum für das Vertrauen bedanken.
Hans-Peter Wipplinger: Kreativpreise stellen eine wunderbare Anerkennung von innovativen und außergewöhnlichen Projekten dar. Der Gesamtsieg beim iab webAD ist Ansporn für das gesamte Team und zeigt uns, dass die Anstrengungen und Bemühungen, die unternommen wurden um kulturell und gesellschaftspolitisch relevante Fragen zu thematisieren, von Erfolg gekrönt wurden.
Und welchen Stellenwert hat der iab webAD aus Ihrer Sicht international?
Christian Hellinger: Ich denke, warum webAD-GewinnerInnen doppelt Grund haben stolz zu sein, ist die Tatsache, dass das Gewinnerfeld aus den Top-Creative-Cases des Landes besteht, die auch regelmäßig internationale Award-Erfolge feiern. Insofern wird ein webAD-Erfolg immer mehr zum Gradmesser für internationales Format und Exzellenz, die über die Landesgrenzen hinaus erkannt und gewürdigt wird.