„Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Dominanz der globalen Plattformen entwickelt sich zur manifesten Gefahr für die Menschheit und rüttelt bedrohlich an den Grundfesten des demokratischen Systems. Die Big Tech Companies arbeiten an der Abschaffung des Journalismus und der Meinungspluralität. Der Erhalt der etablierten Medien ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bevor die globalen Plattformen die Medienwirklichkeit übernehmen“, bilanziert IP Österreich-Geschäftsführer Walter Zinggl nach dem Screenforce Expertenforum. Zinggl ist auch Sprecher von Screenforce Österreich.
Screenforce ist die multinationale Gattungsinitiative der deutschen, österreichischen und schweizerischen TV-Vermarkter für Fernsehen, Video und Bewegtbild. Die breite Allianz aus zwölf Partnern repräsentiert mehr als 95 Prozent des TV-Werbemarkts in der DACH-Region. Das erste Screenforce Expertenforum 2024 ging am 13. März als digitales Live-Event über die Bühne. Zu Beginn des Superwahljahres thematisierte die Veranstaltung mit rund 700 Teilnehmern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum die Gefährdung der Demokratie durch die globalen Plattformen und strich die Rolle der etablierten Medien hervor.
Plattformen saugen das Internet ab
„Medien sind die Grundlage der Demokratie und die Basis für Meinungsbildung“, leitete Martin Andree (Universität Köln/AMP Ventures) in das Screenforce Expertenforum ein. Ohne analoge Medien gäbe es kein duales System, reine Digitalmedien können sich kaum gegen die globalen Plattformen und ihr Monopol über sämtliche Mediengattungen durchsetzen. Dieses Monopol verhindere einen freien Wettbewerb. Durch den Netzwerkeffekt, geschlossene Standards und die Kontrolle über die Gateways verhindert Big Tech das freie Internet und saugt den Traffic in die eigenen Ökosysteme ab. Bis 2029 werden analoge Medien in der Nutzung auf unter 25 Prozent sinken, warnt Andree, würden jedoch trotzdem die gesamte redaktionelle Arbeit leisten. Meta, Alphabet und Amazon ziehen bis zu 90 Prozent der globalen Werbeinvestitionen auf sich, wodurch etablierten Medienmarken die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird. Zudem kontrollieren die Plattformen durch ihre Algorithmen die politische Öffentlichkeit. Um den Traffic zu erhöhen, würden sie konsequent Fake-News, Hate Speech und demokratiefeindliches Verhalten fördern, so der Medienexperte: „Die Schäden sind enorm! Nicht nur die Demokratie wird durch Big Tech gefährdet, sondern die gesamte digitale Wirtschaft durch Monopolisten kontrolliert.“
Jens Lönneker (Rheingold Salon) konstatiert schwindendes Vertrauen in die etablierten Medien. In einer aktuellen tiefenpsychologischen Studie untersucht er die Medienaversion in Ost- und Westdeutschland. Noch haben 75 Prozent der Deutschen mehr oder minder großes Vertrauen in klassische Medien. Bereits 25 Prozent sind jedoch medienavers, fühlen sich großteils von System und Politik alleingelassen. Große persönliche Sorgen und überwältigende Ängste sowie das Aufbegehren gegen das System prägen die Geisteshaltung der Medienaversen. Doch das Zurückholen dieser Menschen durch Massenmedien als Basis der Demokratie durch Zuhören, Zuwendung und Akzeptanz sei möglich.