Sie haben vor ihrem Wechsel bei kika/Leiner als Marketingleiterin gearbeitet und dort schon viel Erfahrung gesammelt. Welche Herausforderungen haben Sie während Ihrer Karrierelaufbahn in der Marketingbranche wahrgenommen?
Bettina Schuckert: Eine große Herausforderung war immer, dass du früher weniger KPIs hattest. Im Retail wurde der Erfolg von Kommunikationsmaßnahmen oft nur am Umsatz gemessen, der wird aber von vielen anderen Dingen auch noch beeinflusst. Das fand ich immer schwierig. Zum Beispiel: Wir wissen alle, dass TV ein teures Medium ist. Wir wissen aber nicht, wie sich TV-Werbung konkret auf den Umsatz auswirkt. Ich empfand es immer als große Herausforderung zu beweisen, dass in Marketing investiertes Geld Wert schafft, nicht immer unmittelbar, aber das ist eben die Kunst, hier ausgewogen zu agieren. Im Bereich der digitalen Werbung ist das anders, da hat man sehr viele KPIs zur Verfügung und kann viel genauer und effizienter agieren. Und in meinen Augen ist das ehrlicherweise immer noch so.
Was fasziniert Sie denn am Bereich Media? Was war Ihre Motivation dahinter in diesen Bereich einzusteigen?
Schuckert: Ich probiere gerne neue Dinge aus und bin gerne gefordert. Und so kam es, dass ich sehen wollte, ob ich das erlernen kann. Die vergangenen 25 Jahre habe ich im Retail-Marketing gearbeitet, in internationalen Konzernen sowie in mittelständischen österreichischen Unternehmen. Irgendwann hast du das Gefühl, alles gesehen und gemacht zu haben. Ich war hungrig auf eine neue Perspektive.
Würden Sie sagen, dass Sie bei dentsu noch immer viel Neues dazulernen?
Schuckert: Oh ja, ich lerne unwahrscheinlich viele Dinge jeden Tag. Ich habe nicht nur die Seiten gewechselt – von Kunde zu Agentur. Ich habe auch die Rolle gewechselt – von der Marketingleiterin zur CEO. Und, weil das noch nicht genug ist, bin ich aus einem mittelständischen Unternehmen in einen Weltkonzern gewechselt. Es war ein sehr intensives Jahr und ist es noch.
Retail Media ist heutzutage ein sehr wichtiger Punkt für Unternehmen und vor allem in Amerika schon sehr am Boomen, wie sieht das in Österreich aus?
Schuckert: kika/Leiner hat an einem vielversprechenden Konzept gearbeitet, als ich ausgeschieden bin. Einerseits werden die Flächen für die eigenen Produkte und Marken verwendet, aber darüber hinaus können Flächen auch fremden Branchen angeboten werden. Retail Media gibt es schon seit vielen Jahren in Österreich – allerdings in Kinderschuhen, jetzt nimmt es richtig Fahrt auf, habe ich den Eindruck.
Die österreichischen Werbespendings gehen vermehrt an ausländische Unternehmen zum Beispiel Meta oder Amazon. Wie verhält sich das in Bezug auf Retail Media?
Schuckert: Ja, das darf man nicht unterschätzen. Es ist definitiv notwendig, den österreichischen Medienstandort hochzuhalten und dies braucht einen guten Schulterschluss. Die TKP-Preise für YouTube, Meta und Co. sind tatsächlich sehr günstig. Jedoch, wie sieht es mit Brand-Safety aus? Das ist nicht immer klar. Und habe ich das Commitment zum österreichischen Markt mit einer Buchung bei Meta? Nein, habe ich nicht. Das sind alles Überlegungen, die auf Kundenseite nicht einfließen müssen, aber einfließen können. Wenn man als Mediaagentur und Kunde gemeinsam darauf achtet und das österreichische Medium auf der anderen Seite tatsächlich kompetitiv anbietet, dann lässt sich da schon etwas bewirken.
Es liegt also auch viel an den Media- und Werbeagenturen, dem Kunden nahezulegen, in Österreich zu werben?
Schuckert: Ja absolut. Bei einem ausschließlich performanceorientierten Kunden wird man trotzdem bei YouTube landen. Aber wenn ein Kunde zum Beispiel nachhaltige (CO2 optimierte) KPIs erreichen muss oder einen großen Fokus auf Brand-Safety legt, macht es natürlich Sinn österreichische Medien zu belegen und die heimische Wirtschaft zu unterstützen. Nichtsdestotrotz müssen alle Medien dranbleiben.
Wenn Sie jetzt die Möglichkeit hätten, etwas in der Branche zu verändern, was wäre das?
Schuckert: Ich würde gerne sicherstellen, dass Agenturen von Kunden fair entlohnt werden, was leider nicht immer der Fall ist. Ich habe ja auch sehr lange auf Kundenseite gearbeitet. Als Beispiel: Wenn ich als Kunde im Monat 10.000 Euro an meine Mediaagentur zahle und dort aber zwölf MitarbeiterInnen für mich exklusiv arbeiten, dann kann sich das nicht ausgehen. Das Dreieck Kunde, Medienpartner und Agentur muss gestärkt werden. Diese Triangel funktioniert nur, wenn es für alle Beteiligten fair ist.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten über die DMEXCO. Dieser Artikel wurde von Leonie Fink und Lea Mittendorfer verfasst.