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Beschäftigungstherapie und kommunikative Spielwiese für Politiker

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Albert Sachs
Es gibt eine Plattform, auf der sich das Mitteilungsbedürfnis österreichischer PolitikerInnen ungefiltert verfolgen lässt. Thematische Zurückhaltung ist dort kaum angesagt.

Die APA-OTS Originaltext-Service GmbH, besser bekannt als APA OTS, ist ein durchaus erfolgreiche Tochtergesellschaft der „offiziellen“ österreichischen Presseagentur APA (Austria Presse Agentur). An diesem Erfolg gibt es auch nichts zu bemängeln.

Allerdings lohnt sich ein genauerer Blick auf das inhaltliche Angebot von APA OTS, das über die Website www.ots.at für alle und jederzeit abrufbar ist. Vorab sei aber festgehalten, dass nicht die APA, sondern der oder die jeweilige AussenderIn einer Meldung für deren Inhalt verantwortlich ist.

Mit einem analytischen Blick auf das Angebot von OTS lässt sich rasch feststellen, dass diese Webseite vielfach eine Plattform für Parteien, ParteifunktionärInnen und Interessenvertretungen, aber auch für Ministerien, diverse Regierungseinrichtungen und Landesregierungen darstellt.

Auf ots.at zeigt sich das ganze Spektrum der im Parlament vertretenen Parteien und auch, um es so zu formulieren, der außerparlamentarischen Opposition. Kaum ein Thema scheint unwichtig genug, damit sich dazu nicht zumindest ein Politiker, eine Funktionärin finden würde, um Stellung zu beziehen und einen Kommentar abzugeben. Diese Diagnose gilt unabhängig von der politischen Couleur und jeglicher Parteihierarchie. Es wird rausgeschleudert, was der politische Alltag so hergibt.

Damit unterscheidet sich APA-OTS fundamental von seinem deutschen Pendant presseporatl.de, einer Tochtergesellschaft der dpa (Deutsche Presseagentur). Auf www.presseportal.de finden sich nur vereinzelt politisch motivierte Aussendungen von PolitikerInnen und Parteien. Lediglich AfD-SpitzenmandatarInnen sind dort verstärkt aktiv. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bedienen sich Unternehmen dieser Bühne, um ihre Inhalte zu Geschäftsentwicklung und Innovationen, zu Personalia und Produkten anzubieten.

Dem Geschäftsmodell von APA-OTS mögen die kommunikativen Aktivitäten der österreichischen PolitikerIinnen durchaus zuträglich sein. An den wirtschaftlichen Ambitionen der APA und ihrer Tochtergesellschaft gibt es nichts zu deuteln. Es stellt sich allerdings die Frage, ob hinter der hyperaktiven Mitteilungsflut der heimischen PolitikerInnen nicht doch schlichte Beschäftigungstherapie oder gar Langeweilebewältigungsstrategie steckt.

Das gewichtigere Argument für ein bisschen mehr politisch kommunikative Zurückhaltung auf APS OTS liegt aber darin, dass für all diese Aussendungen eine Heerschar an RedakteurInnen beschäftigt werden muss. Kommunikationspolitik, die von den StaatsbürgerInnen und WählerInnen bezahlt wird. Zum Beispiel in Form der üppigen Parteienförderungen, die in Österreich ausgeschüttet werden. Zudem stellt sich die Frage, warum PolitikerInnen so viel Zeit aufwenden können, um massenhaft und wellenartig zu diesem und jenem öffentlich Stellung zu beziehen?

Sicherlich, eine derartige Kommunikationsflut lässt sich auch als Teil eines demokratischen Diskurses argumentieren. Auf die eine oder andere Schaumkrone ließe sich allerdings sogar unter dem demokratiepolitischen Blickwinkel bedenkenlos verzichten.

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