Sie sind Expertin für künstliche Intelligenz und auch Speakerin bei Vorträgen in diesem Themenfeld. Was hat Sie zur KI geführt?
Ana Simic: Vor zehn Jahren, noch zu meiner Zeit bei A1, war ich für digitale Services verantwortlich. Das heißt, wir haben digitale Plattformen aufgebaut, um den Kundendienst zu entlasten. Mein Team hat damals mit ersten kleinen Chatbots experimentiert und wir haben uns gefragt, wie wir mithilfe von Technologie Interaktionen mit KundInnen nachbauen können. Da habe ich bemerkt, wie viel Potenzial darin steckt. Dann hat das eine zum anderen geführt und vor fünf Jahren habe ich mich näher mit Marketing Automation beschäftigt. Und mich gefragt, wie wir noch besser vorhersehen können, was die KundInnen beschäftigt, um diese Probleme zu lösen, bevor sie auftreten, und wie man Daten hierfür nutzen kann. Das hat mich zur KI geführt und seitdem hat sie mich auch nicht mehr losgelassen.
Seit April 2024 sind Sie CEO von Engage Technology. Wie können wir uns Ihre Arbeit in der KI-Beratung von Unternehmen vorstellen?
Simic: Ich berate KundInnen, die Potenziale von KI zu erkennen und die passenden Tools zu finden, um ihr Unternehmen besser zu gestalten. Sei es bessere Produkte, bessere Services oder bessere Abläufe im Unternehmen. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel den Kundendienst automatisieren möchte, dann zeigen wir durch strategische Beratung auf, was alles möglich wäre, und was für dieses Unternehmen sinnvoll ist. Dann folgt die technische Umsetzung. Ich bemerke aber auch, dass oft noch gar nicht das Bewusstsein herrscht, wie viel mit KI überhaupt möglich ist.
Trotz der großen Bandbreite an Möglichkeiten durch KI – Gibt es Aufgaben, die man Ihrer Meinung nach weiterhin selbst erledigen sollte?
Simic: Es gibt einige Aufgaben, die man gerne macht und genau aus diesem Grund nicht automatisieren möchte. Ich schreibe beispielsweise sehr gerne und meine Beiträge auf LinkedIn verfasse ich immer selbst, obwohl das natürlich auch von der KI ausgeführt werden könnte. Doch das ist nicht mein Ziel dabei. Die geschriebenen Textzeilen sind mein kreativer Output und dafür nehme ich mir gerne bewusst Zeit.
Wo sehen Sie die Grenze im unternehmerischen Kontext?
Simic: Die Kernkompetenz eines Unternehmens sollte eher nicht komplett von der KI übernommen werden. Allerdings können Aufgabenbereiche, die nicht der Fokus des Unternehmens sind, automatisiert werden. Beispielsweise werden Medienunternehmen ihre Kernaufgabe – recherchierte Artikel verfassen – nicht vollständig der KI überlassen. Für sie ist es unerlässlich, JournalistInnen zu haben, die Recherche betreiben können und faktenbasiert berichten können. Tätigkeiten außerhalb der journalistischen Aufgabe können dagegen stärker durch die KI unterstützt werden. Welche Prozesse in einem Unternehmen automatisiert werden können, hängt sehr stark von der Kernkompetenz und dem Unternehmensumfeld ab.
Studierende setzen häufig KI als Unterstützung ein. Welche Möglichkeiten sehen Sie, wie KI bei Lernprozessen helfen kann?
Simic: Es gibt einige Studien, die bestätigen, dass KI im Bildungsumfeld die Lernenden sowohl unterstützen als auch behindern kann. Meiner Meinung nach kann man das Gelernte am besten durch Projekt- und Hausaufgaben festigen. Diese sollten auf jeden Fall selbst gemacht werden. Um Lernprozesse zu fördern, lässt sich die KI jedoch als digitale Lehrperson einsetzen. Sie kann beispielsweise bei der eigenen Ausarbeitung Lücken oder Fehler aufzeigen. KI ist sehr nützlich, um eigene Arbeiten zu bewerten oder aufzuwerten, sowie sich selbst herauszufordern. Bei der alleinigen Kopie des Outputs der KI wirkt sie allerdings hinderlich, denn es wird nichts Neues dazugelernt.
Gibt es bestimmte Tools, die Sie StudentInnen empfehlen können?
Simic: Es gibt ein paar Tools, die ich Studierenden wirklich empfehlen kann. Ein besonders Spannendes ist Perplexity.ai. Hierbei handelt es sich um eine KI-basierte Suchmaschine. Man stellt eine Frage und bekommt eine recherchierte Antwort mit Quellen, was für die wissenschaftliche Recherche sehr hilfreich ist. Außerdem spart das enorm viel Zeit und gibt die Sicherheit, dass die Informationen fundiert sind. Ein weiteres Tool ist Claude.ai. Claude ist geeignet, wenn man Unterstützung beim Schreiben braucht, sei es für die Struktur eines Textes oder beim Feinschliff von Formulierungen. Besonders für Studierende, die ihre eigenen Ideen weiterentwickeln und optimieren möchten, ist Claude ein hilfreiches Werkzeug.
Was ist Ihr Key Take-Away, welches Sie StudentInnen mit auf den Weg geben möchten?
Simic: Bei der Verwendung von KI sollte man sich allerdings bewusst sein, dass es natürlich technisch möglich ist, alles an die KI zu delegieren. Doch viel spannender ist die Frage, wie ich mir dadurch noch mehr Kompetenzen aneignen kann, und wie mich diese Tools selbst stärken oder vergrößern.
Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Viktoria Himsel und Magdalena Schwandtner geführt.